Chávez zieht positive Bilanz für 2011

Fokus auf nationale Unabhängigkeit. Venezuela macht Fortschritte bei sozialer Gleichheit. Inflation und Kriminalität "strukturelle Probleme"

Caracas. Für Hugo Chávez ist die Unabhängigkeit Venezuelas das zentrale Merkmal seiner Amtszeit.

In seinem jährlichen Rechenschaftsbericht vor der Nationalversammlung, der in der Verfassung vorgeschrieben ist, sagte der Präsident: "Wenn diese Präsidentschaft mit irgendetwas verbunden werden soll, dann ist das der Fakt, dass wir wieder unsere nationale Unabhängigkeit errungen haben." Chávez zog bei seiner mehrstündigen Rede vor dem Parlament ein überwiegend positives Fazit der vergangenen zwölf Monate sowie der knapp 13 Jahre der bolivarischen Revolution.

Neben der Unabhängigkeit des Landes, standen insbesondere positive Daten aus der Wirtschafts- und Sozialpolitik im Mittelpunkt der Rede. Wie in diesen Fällen üblich, verglich das Staatsoberhaupt dabei die Daten der Jahre unter seiner Präsidentschaft mit denen der Vorgängerregierungen. So betragen die Staatsschulden des Landes laut Chávez aktuell 23,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, in früheren Zeiten seien es bis zu 70 Prozent gewesen. Gerade im Hinblick auf die aktuelle Schuldenkrise, in denen dieses Verhältnis bei einigen Staaten 150 Prozent betrage, sei dies ein guter Wert.

Das Bruttoinlandsprodukt selbst ist seit Beginn der Amtszeit der Regierung Chávez im Jahr 1999 um mehr als das dreieinhalbfache gestiegen (einige Zahlen am Ende dieses Artikels) und auch im vergangenen Jahr ist die Wirtschaft des Landes wieder um vier Prozent gewachsen. Für 2012 erwartet der Präsident ein ähnlich hohes Wachstum. Als großen Erfolg stellte er den Rückgang der Armut heraus. Nach den Daten der Wirtschaftskommission der UNO für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) war Venezuela 2010 das Land mit dem niedrigsten Gini-Koeffizienten in Lateinamerika. Der Reichtum des Landes ist damit zumindest im Vergleich mit den Nachbarstaaten am gerechtesten verteilt.

Beim Bau neuer Häuser habe die Regierung laut Chávez knapp die Zielmarke von 153.000 verfehlt. 2011 seien 146.000 Wohneinheiten gebaut worden. Der Oppositionsabgeordnete Julio Borges fragte daraufhin, warum so viele Familien, die 2010 aufgrund der Unwetter ihr Obdach verloren haben, immer noch keine neue Wohnung gefunden hätten. Chávez entgegnete, dass dies vor allem Caracas betreffe, wo mehr als 50.000 Wohnungen im Bau seien. Für das begonnene Jahr nannte er die Zahl von 200.000 neuen Einheiten als Ziel.

Chávez gestand ein, dass die Inflation gerade bei den Lebensmittelpreisen hoch sei, nannte sie aber ein "Erbe" von den Vorgängerregierungen. Der oppositionelle Abgeordnete Alfonso Marquina konfrontierte den Präsidenten mit Zahlen der Inflation bei Lebensmitteln, die 33,2 Prozent betrage. Daraufhin verwies Chávez ihn auf den internationalen Kontext. Harte und gemeinsame Arbeit sei nötig, damit die Wirtschaft weiter wachse und die Inflation sinke. Auch der Kampf gegen die Kriminalität betreffe alle. Chávez verwies auf Studien, dass die Gewalt nach den Unruhen des Jahres 1989 anstieg und ein strukturelles Problem geworden sei. "Es ist nicht Chávez' Fehler".

Ausgewählte Vergleichszahlen aus Chávez' Rechenschaftsbericht:

  • Bruttoinlandsprodukt: 91 Milliarden Dollar (1999); 328,6 Milliarden Dollar (2011)
  • Sozialausgaben: 73,49 Milliarden Dollar (1986-1999); 468,61 Milliarden Dollar (1999-2011)
  • Extreme Armut: 17,1 Prozent (1998); 7 Prozent (2011)
  • Kindergarten-Quote: 43 Prozent (1998); 71 Prozent (2011)
  • Gini-Koeffizient: 0,408 (1999); 0,394 (2010)
  • Gesundheitszentren mit freiem Zugang: 5.360 (1999); 13.721 (2011)