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Brasilien: Nach Amoklauf manipulative Berichte in Medien

Rio de Janeiro. Nach dem Amoklauf eines dreiundzwanzigjährigen Mannes am Donnerstag im Stadtteil Realengo im Westen Rio de Janeiros ist in Brasilien eine heftige Debatte um Sicherheitsfragen, Medien und geschürte Terrorangst entbrannt. Der Amoklauf, der zwölf Schulkindern das Leben kostete, dominiert die Medienberichterstattung im Land.

Der größte Medienkonzern Globo schaltete schnell in Liveberichterstattung in seinem Kabelprogramm Globo News, um dort sogleich Spekulationen über den Täter als computersüchtig, HIV-positiv und einen islamischen Hintergrund zu konstruieren, der offenbar nicht existiert. Der Kabelkanal berief sich in seiner Berichterstattung auf den Abschiedsbrief des Täters, der gleichwohl keine dieser Spekulationen begründet. Globo News sprach gar von "islamischem Fundamentalismus" und erwähnte das mutmaßliche Rückzugsgebiet von islamistischen Terrornetzwerken im Dreiländereck Brasilien, Paraguay, Argentinien. Es blieb unabhängigen Blogs wie fococidadao oder tijolaco überlassen, die manipulative Berichterstattung als solche zu demaskieren.

Senatspräsident José Sarney sprach von einem "Terrorakt" und forderte sofort stärkere Polizeipräsenz in den Schulen, räumte aber ein, dass Brasilien erneut über den Verkauf und Besitz von Waffen reden müsste. In Brasilien war im Jahre 2005 eine Volksabstimmung über ein Verkaufsverbot für Waffen und Munition an den Neinstimmen von 64 Prozent der Wählern gescheitert.