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Militärpolizei Lieferant für illegale Waffen in Rio

Illegale Waffen zu 93 Prozent aus Brasilien selbst. Experte kritisiert Staat und Polizei vor Untersuchungskommission

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Militärpolizei in Rio de Janeiro
Militärpolizisten als Hauptlieferanten illegaler Waffen in Rio?

Rio de Janeiro. Laut Aussage des Soziologen Antonio Rangel Bandeira von der Nichtregierungsorganisation Viva Rio stammen entgegen bisherigen Annahmen 93 Prozent der illegalen Waffen in Brasilien aus inländischer Produktion. Dies sagte Bandeira laut der Zeitung Carta Capital am Montag auf der ersten Sitzung der neu einberufenen parlamentarischen Untersuchungskommission "CPI das Armas" des Landesparlaments von Rio de Janeiro. 95 Prozent der Waffen in Brasilien seien kleinkalibrige wie Revolver und Pistolen, so Bandeira. Laut dem Forscher wurden 63 Prozent der Waffen im Lande zuvor legal verkauft, bevor sie dann illegal weitergegeben wurden.

"Das zeigt, dass es keine interne Kontrolle gibt. Die Waffen werden ab Fabrik verkauft und enden letzlich in den Händen des organisierten Verbrechens. Wer dazu Stellung beziehen muss, sind die brasilianischen Kontrollautoritäten. Sie verstecken sich hinter Ablenkungsmanövern, wenn sie sagen, die Waffen des Drogenhandels kämen aus dem Ausland", so Bandeira im Interview mit Carta Capital.

Im Auftrag der CPI hatten die Forscher in Zusammenarbeit mit Bundespolizei und Herstellern die Herkunft von 20.000 sichergestellten illegalen Waffen rekonstruiert. 68 Prozent wurden zuerst legal an acht Händler verkauft, bevor diese dann verkauft wurden und mangels weiterer Folgekontrolle seitens des Staates in den Händen des organisierten Verbrechens wie Drogenhandel oder Mafiamilizen landeten. 18 Prozent der Waffen wurden vom Hersteller an den Staat verkauft, davon 72 Prozent an die Polizei und 18 Prozent an die Streitkräfte, so die Ergebnisse der Forscher. "Unsere Untersuchung zeigt, dass die verdorbene Bande der Militärpolizei als einer der Hauptlieferanten von Waffen und Munition an den Drogenhandel auftritt", so Bandeira. Bei der Besetzung des Favelakomplexes do Alemão im November vergangenen Jahres wurden von der Polizei nur 494 Waffen sichergestellt, so der Forscher, da der Rest gleich an die Mafiamilizen weiter verkauft wurde.

Die Untersuchungskommission "CPI das Armas" wird in den nächsten drei Monaten die Situation von Waffen, Munition und Sprengkörpern im Drogenhandel, bei Mafiamilizen, illegalem Glücksspiel und weiterem organisierten Verbrechen im Bundesstaat Rio de Janeiro untersuchen. In Brasilien war im Jahre 2005 eine Volksabstimmung über ein Verkaufsverbot für Waffen und Munition an den Neinstimmen von 64 Prozent der Wählern gescheitert.