"Reise für das Leben": Die EZLN-Delegation ist in Wien eingetroffen

Lautstarker Empfang im Ankunftsbereich auf dem internationalen Flughafen Schwechat

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Delegierte der Zapatistas nach ihrer Ankunft in Wien
Delegierte der Zapatistas nach ihrer Ankunft in Wien

Am Mittwoch ist mit 24-stündiger Verspätung der noch fehlende Teil der zapatistischen Delegation mit dem Namen "Die Unzeitgemäßen" (Extemporánea) in der österreichischen Hauptstadt eingetroffen.

Diese zweite Gruppe, die ausschließlich aus Männern besteht, wurde auf dem internationalen Flughafen Schwechat vom Subcomandante Moisés und 200 internationalen Aktivisten herzlich und lautstark empfangen. Das Flugzeug mit der ersten Gruppe der Delegation erreichte einen Tag zuvor Wien, an Bord das Frauenfußballteam Ixchel Ramona, Subcomandante Moisés, Frauen, Männer und Kinder.

Die Ankömmlinge wurden lautstark im Ankunftsbereich begrüßt und dann von den Aktivisten außerhalb des Flughafens geführt, zu einer Wiese mit Tribüne und Sitzplätzen. Dort fand eine Willkommens-Veranstaltung statt, mit Redebeiträgen der österreichischen Koordination, Aktivisten verschiedener Wiener Initiativen, mit Musik von Batukada und weiteren mexikanischen Liedern.

Subcomandante Moisés hielt kurz nach der Ankunft eine Rede: "Wir sind hier, weil es unsere Kampfgenossen gab, die in der Morgendämmerung zu Beginn des Jahres 1994, kämpfend gefallen sind", betonte er. Der Anführer der Zapatistischen Nationalen Befreiungsarme (EZLN) sprach über die Notwendigkeit, sich gegen die Probleme, die der Kapitalismus geschaffen hat, selbst zu organisieren, in Bezug auf das Leben und der Natur.

Moisés betonte, dass sowohl auf dem Land als auch in den Städten Menschen ausgebeutet werden. Wo das Geld eine entscheidende Rolle spiele, sei der Klimawandel ein Problem des Systems, das mit der Zerstörung der Natur und der Mutter Erde einhergehe. Die Naturkatastrophen, wie die gegenwärtigen Überschwemmungen seien Signale, die die Erde uns schicke: "Wenn die Natur in Zorn gerät, sind die Naturkatastrophen eine Reaktion auf die Schäden, die angerichtet wurden. Es wichtig jetzt, sich zusammentun und die Natur zu verteidigen", so Moisés.

Gegen Ausbeutung, Ungerechtigkeit, Armut und Ungleichheit würden Politiker und Parteien nie eine grundlegende Lösung anbieten: "Die Veränderung, die wir Armen der Welt wollen, ist eine wirkliche Veränderung. Keine Veränderung, wie es den schlecht Regierenden und den Reichen gefällt", sagte er weiter.

Aus Anlass eines Feminizides an zwei aus Somalia stammenden Frauen hat eine Gruppe von 40 Zapatistinnen bei einer Protestaktion im Zentrum von Wien teilgenommen. Nach der Kundgebung am Karlsplatz, bei der Angehörige der Opfer redeten, marschierten Zapatistinnen zusammen mit Frauen aus Afrika und Europa und forderten lautstark ein Ende der Frauenmorde in der ganzen Welt.

"Die unzeitgemäße Delegation" besucht im Rahmen der Reise für das Leben die fünf Kontinente. Ihre erste Station ist Europa, wo sie von zahlreichen Kollektiven und Organisationen eingeladen wurde. "Wir sind nicht gekommen, um mit den großen Massen zu sprechen, sondern mit denen, die mit uns sprechen wollen, denen wir zuhören wollen, wie sie kämpfen und wie sie denken“, erklärte Moisés dazu.

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Die "unzeitgemäße Delegation" hat Wien erreicht
Die "unzeitgemäße Delegation" hat Wien erreicht

Die Reise für das Leben wurde angesichts der globalen Krisen von der EZLN bereits Ende 2020 angekündigt. Und genau 500 Jahren nach der Rückkehr von Christopher Kolumbus erreichte die erste zapatistische Delegation, mit dem Namen Escuadron 421, nach einer 52-tägigen Seereise am 22. Juni 2021 Vigo in Galizien ‒ genau in dem Hafen, wo Kolumbus ankam. Die vier Frauen, zwei Männer und eine nicht binäre Person reisten weiter nach Barcelona, Madrid und Valencia sowie durch Frankreich, um die verschiedenen Kämpfe und Widerstandsbewegungen kennenzulernen. Das Escuadron 421 ist am 12. September mit dem Flugzeug nach Mexiko zurückgekehrt.

Die EZLN hat sich am 1. Januar 1994 in Chiapas mit Waffen gegen das Freihandelsabkommen zwischen USA, Kanada und Mexiko sowie gegen die neoliberale Politik des damaligen Präsident Carlos Salinas de Gortari erhoben. Der mexikanische Staat reagierte heftig und die Bombardierung der indigenen Gemeinden wurde erst auf nationalen und internationalen Druck eingestellt. Zähe Friedensverhandlungen folgten, die mit der Vereinbarung von San Andres 1996 beendet wurden.

Die geforderten Rechte der Indigenen auf Bildung, Sprache, Gesundheit, Lebensräume und Kultur in die mexikanische Verfassung aufzunehmen, wurde vom mexikanischen Staat aber nie vollzogen.

In diesem Friedensabkommen erklärten sich die Zapatistas bereit, die Waffen niederzulegen und als friedliche Bewegung betreiben sie bis heute selbstorganisierte und autonome Aufbauarbeit in den Gemeinden in Chiapas.

Der Frieden war und ist jedoch einseitig und die Angriffe auf die zapatistischen Gemeinden haben nie aufgehört.

Seit dem 11. September sind José Antonio Sanchez Juarez und Sebastian Nuñez Pérez, Mitglieder der EZLN aus dem Bezirk Ocosingo, Chiapas, von der paramilitärischen Organisation Orcao entführt und verschleppt worden. Seitdem fehlt von den beiden Männern jede Spur.