Bolivien / Umwelt

Nationaler Notstand in Bolivien nach Starkregen und Überschwemmungen

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Protestmarsch mit der Forderung nach Aufmerksamkeit für die von Regen und Überschwemmungen betroffenen Menschen (Videoausschnitt)
Protestmarsch mit der Forderung nach Aufmerksamkeit für die von Regen und Überschwemmungen betroffenen Menschen (Videoausschnitt)

La Paz/Sucre. Bei den seit Monaten andauernden Regenfällen in Bolivien sind bisher 51 Menschen ums Leben gekommen, 368.000 Familien sind nach Behördenangaben betroffen. Präsident Luis Arce hat am Mittwoch den Nationalen Notstand ausgerufen und sprach von den "schlimmsten Regenfällen seit 40 Jahren". 

Arce hat die neun Gouverneure des Landes für den heutigen Montag zu einer außerordentlichen Sitzung des Nationalen Autonomierates nach La Paz eingeladen.

Betroffen sind vor allem die Departamentos Santa Cruz und Chuquisaca im Osten des Landes und das Departamento La Paz im Westen. Insgesamt wurde in 99 von 342 Departamentos der Notstand ausgerufen. Rund 2.500 Häuser seien beschädigt und 818 vollständig zerstört worden. 

Nach Medienberichten waren vor allem in der Stadt La Paz Häuser an Orten betroffen, die nicht zum Wohnen geeignet sind. An diesen Stellen waren Flüsse über die Ufer getreten und es kam zu Erdrutschen. Dies offenbare "einen Mangel an Stadtplanung und fehlende Kontrolle der Baustandards". Außerdem gäbe es vor allem im Departamento Santa Cruz starke Ernteschäden.

Die jetzt erfolgte Ausrufung des Notstandes ermöglicht es der Regierung, "außergewöhnliche Käufe" zu tätigen, externe Finanzierungen zu nutzen und technische, logistische und wirtschaftliche Ressourcen in den betroffenen Gebieten zu mobilisieren, hieß es in einer Erklärung des Präsidenten.

Das Parlament habe bereits einem Darlehen von 75 Millionen US-Dollar zugestimmt, ein weiteres Darlehen von der Interamerikanischen Entwicklungsbank in Höhe von 250 Millionen US-Dollar sei noch im Genehmigungsverfahren, schreibt Infobae.

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In den vergangenen vier Monaten wurden 4.000 Soldaten in die betroffenen Regionen geschickt und 234 Tonnen humanitäre Hilfe geliefert. Die Regierung hat zusätzliche medizinische Brigaden entsandt und Gesundheitsprogramme reaktiviert.

In einem Video des Ministeriums für Sport und Gesundheit hieß es: "Die Regenfälle sind harte Schläge, doch die Bevölkerung ist nicht allein." Ärztebrigaden wurden in die Departamentos La Paz, Beni, Tarija und Potosí geschickt, "um medizinische Behandlung und Hoffnung zu bringen", dabei wurden 898 Behandlungen durchgeführt.

Auf kommunaler Ebene gibt es aber auch Kritik und Protest an den Hilfsmaßnahmen. Am vergangenen Mittwoch besetzten Anwohner im Landkreis Warne im Departamento Santa Cruz das Rathaus und forderten den Rücktritt von Dayer García, dem kommunalen Sekretär für öffentliche Arbeiten. Die Protestierenden forderten, dass zwei Journalisten bei einer Besprechung zum Thema mit dem Bürgermeister anwesend sind, um so für "Transparenz" zu sorgen. "Wir wollen Lösungen, keine weiteren Versprechungen", sagten sie.

Medienberichten zufolge kam es am Mittwoch auch in anderen Regionen zu Protesten.

Im Departamento Santa Cruz, dem größten Boliviens, haben seit Montag die Regenfälle noch einmal zugenommen. Die Regenzeit in Bolivien dauert normalerweise von November bis März. In diesem Jahr rechnen Experten mit einer Verlängerung der Regenperiode mindestens bis in die erste Aprilwoche. Auch in der Regenperiode des vergangenen Jahres waren insgesamt 55 Menschen ums Leben gekommen.