Kolumbien: Weltweit größte Lebensgefahr für Aktivist:innen

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Kolumbien hat weiterhin eine der höchsten Mordraten an Aktivist:innen weltweit. Dunkelrot die am stärksten betroffenen Gebiete des Landes
Kolumbien hat weiterhin eine der höchsten Mordraten an Aktivist:innen weltweit. Dunkelrot die am stärksten betroffenen Gebiete des Landes

Bogotá. Laut der Generalstaatsanwältin von Kolumbien, Luz Adriana Camargo, ist ihr Land das gefährlichste der Welt für Verteidiger:innen der Menschenrechte. Sie rief dazu auf, den Schutz von Aktivist:innen zum Mittelpunkt der politischen Debatte zu machen.

Viele unabhängige Berichte geben ihr Recht: Laut Front Line Defensers sind im Jahr 2023 mindestens 300 Menschenrechtsaktivist:innen in 28 Ländern ermordet worden, 142 von ihnen in Kolumbien. "Diese Zahl muss uns nicht nur als Staatsanwaltschaft, sondern als Gesellschaft berühren", sagte Camargo. Sie erkannte auch "institutionelle Fehler" an, die Nachforschungen und Prävention verhindern würden.

Laut der Staatsanwältin hat ihre Behörde zwischen Januar 2016 und Dezember 2024 1.372 Fälle von Mord an sozialen Aktivist:innen und Menschenrechtsverteidiger:innen registriert. Sie gab jedoch zu, dass es eine Untererfassung gibt, da viele Getötete nicht als Aktivist:innen angegeben werden.

Laut dem Institut für Studien zur Entwicklung und zum Frieden (Indepaz) wurden in Kolumbien seit Beginn des Jahres 2025 mindestens 22 Aktivist:innen ermordet.

Kolumbien ist zudem auch das gefährlichste Land für Umweltschützer:innen wie Global Witness Ende letzten Jahres bestätigte. Fast 200 wurden weltweit im Jahr 2023 ermordet, etwa 85 Prozent davon in Südamerika, 79 davon in Kolumbien. Dies ist die höchste Zahl seit Beginn der Erhebung von Global Whitness im Jahr 2012. Insgesamt waren 31 der in Kolumbien im Jahr 2023 getöteten Umweltaktivist:innen indigener Herkunft, sechs gehörten zu afro-kolumbianischen Gemeinschaften. 

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Kolumbien war im Oktober Ausrichter der UN-Biodiversitätskonferenz (COP16), die Sicherheit der Umweltschützer:innen war jedoch kein zentrales Thema.

Aktivist:innen sind nicht nur der unmittelbaren Gewaltgefahr ausgesetzt, sondern leiden zudem unter der psychischen Belastung, ständig in Risiko zu leben.

Das Muster der Morde spiegelt eine historische Auseinandersetzung um Land wider: Viele passieren in Regionen, wo große Unternehmen Bäume abholzen, Minen betreiben oder die Agrarindustrie erweitern wollen. Kriminelle Gruppen, die illegal Ressourcen abbauen, stehen ebenfalls unter Verdacht, für diese Verbrechen verantwortlich zu sein.

Vor dem Hintergrund des seit Jahrzehnten andauernden bewaffneten Konflikts steigen die Risiken. 

In Kolumbien stehen mehr als 15.000 gefährdete Personen unter dem Schutz der Nationalen Schutzeinheit, darunter Mitglieder des Kongresses, lokale Politiker:innen, Journalist:innen und Aktivist:innen – ein breites Spektrum an Aktiven, die als gefährdet gelten. Die Schutzmechanismen reichen von der Leigabe eines Funkgerätes, kugelsicheren Westen und privater Eskorte bis zu gepanzerten Fahrzeugen. Allerdings haben sie bisher nicht dazu beigetragen, den traurigen Rang Kolumbiens weltweit zu verringern.