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Mexiko: Regierung überführt Öl- und Energieunternehmen in Staatseigentum

Linke Regierungspartei Morena setzt mit der Verstaatlichung im Energiesektor Ziele ihrer Energiepolitik um

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Präsidentin Claudia Sheinbaum unterzeichnet ein Dekret zur Wiederverstaatlichung von CFE und Pemex
Präsidentin Claudia Sheinbaum unterzeichnet ein Dekret zur Wiederverstaatlichung von CFE und Pemex

Mexiko-Stadt. Die Bevölkerung in Mexiko erhält das Energieunternehmen Petróleos Mexicanos (Pemex) und die Föderale Elektrizitätskommission (CFE) zurück. Am 30. Oktober unterschrieb Präsidentin Claudia Sheinbaum ein Dekret für eine Verfassungsreform zur Wiederverstaatlichung der Unternehmen.

"Es ist eine Reform, die dem Volk (…) die Unternehmen, die immer dem Volk von Mexiko gehörten, zu einem wesentlichen Teil zurückgibt", erklärte die Präsidentin während ihrer morgendlichen Pressekonferenz. Zuvor hatten beide Kammern des Parlaments – der Senat und das Abgeordnetenhaus – sowie die Parlamente der Teilstaaten mit großen Mehrheiten für das Vorhaben gestimmt. In beiden Kammern des Bundesparlaments sowie in den meisten Teilstaaten halten Morena, die linke Partei der Präsidentin, und Bündnispartner seit den vergangenen Parlamentswahlen große Mehrheiten.

Die Reform war bereits vor einigen Wochen von Sheinbaums Amtsvorgänger Andrés Manuel López Obrador (Amlo) vorbereitet worden. Er schied am 1. Oktober aus dem Präsidentenamt aus. Laut einer Mitteilung des Oberhauses haben die Verfassungsänderungen das Ziel, die Sicherheit bei der Selbstversorgung mit Energie zu gewährleisten sowie das mexikanische Volk mit Strom zu möglichst geringen Kosten zu versorgen.

Energieministerin Luz Elena González sagte, dass "das Gesetzgebungsverfahren für die Reform der strategischen Bereiche und Unternehmen des mexikanischen Staates abgeschlossen ist". Dafür mussten die Artikel 25, 27 und 28 der Verfassung reformiert werden. Pemex und CFE müssen fortan nicht primär profitorientiert arbeiten, sondern im Interesse der Nation. "Bislang konnte CFE beispielsweise keine abgelegenen Dörfer mit Strom versorgen, wenn es sich nicht rentierte", sagte González. Die Reform erfülle sie mit großem Stolz, erklärte sie.

Die Regierung betonte, dass die Wiederverstaatlichung von Pemex und CFE kein Ende privater Investitionen im Energiesektor bedeute. "Pemex und die CFE werden wieder zu öffentlichen Unternehmen des mexikanischen Volkes, aber es bleibt ein geordneter und sicherer Raum für private Investitionen in den Sekundärgesetzen", sagte Sheinbaum. Zudem versicherte sie, dass beide Unternehmen effizient betrieben würden und ihre Dienstleistungen, Brennstoffe und Elektrizität zu erschwinglichen Preisen anbieten könnten.

Das Ölunternehmen Pemex und das Elektrizitäts- und Telekommunikationsunternehmen CFE zählen weltweit zu den größten Unternehmen ihrer Art. Bis 2013 waren sie Staatseigentum mit weitgehenden Monopolen in ihren Bereichen. Der damalige Präsident Enrique Peña Nieto brachte eine Energiereform voran, die beide Unternehmen teilprivatisiert, den Energiesektor dereguliert und für ausländisches Kapital geöffnet hat. Die Rücknahme dieser neoliberalen Reform war ein zentrales Ziel der Wirtschafts- und Energiepolitik von Morena seit dem Regierungsantritt von Amlo 2018.

Die Wiederverstaatlichung findet zu einem Zeitpunkt der Krise von Pemex statt. Mexiko ist der elftgrößte Erdölexporteur der Welt und der Erdölsektor macht zehn Prozent der Exporteinnahmen des Landes aus. Schätzungen gehen davon aus, dass Pemex durch Steuern und Gewinne rund ein Drittel der jährlichen Einnahmen des Staates erzeugt. Doch seit 2006 ist die Gesamtproduktion an Erdöl um 42 Prozent gefallen.

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Neben einer Erhöhung der Fördermengen hatte der bisherige Präsident López Obrador auch auf die Ausweitung der Raffineriekapazitäten gesetzt. Denn obwohl Mexiko Rohöl exportiert, muss es aufgrund fehlender Kapazitäten und Technologien Benzin importieren, vor allem aus den USA. 2022 wurde im Bundesstaat Tabasco die erste neue Erdölraffinerie seit 40 Jahren eingeweiht. "Das ist ein wahr gewordener Traum", kommentierte Amlo damals.

Diese Schwerpunktsetzung in der Energiepolitik ist insbesondere von Umweltschützer:innen scharf kritisiert worden. So sei der Ausbau erneuerbarer Energien unter Amlo gebremst und Klimaziele seien gelockert worden. Dabei zählt Mexiko zu den Ländern der Welt mit dem höchsten CO₂-Ausstoß. "Mexikos Klimapolitik ist weiterhin rückwärtsgewandt", kritisierte der Thinktank "Climate Action Tracker" 2023.

Die nun erfolgte Wiederverstaatlichung von Pemex und CFE hat auch zu Kritik und Bedenken wirtschaftsnaher Kreise geführt. Die Priorisierung öffentlicher Interessen werde zu verringerten privaten Investitionen im Energiesektor führen. Auch sei fraglich, inwiefern die Verstaatlichung mit dem Freihandelsabkommen zwischen Kanada, den USA und Mexiko vereinbar ist. Darin wird die Bevorzugung staatlicher vor privaten Unternehmen abgelehnt.

Neben der Verstaatlichung von Pemex und CFE unterzeichnete Sheinbaum am 30. Oktober ein weiteres Dekret. Durch dieses erhält der Staat wieder alle Rechte an den Eisenbahnstrecken für den Personenverkehr. Der Transport von Gütern und Personen wird mit dem Dekret zu einem strategischen und prioritären Bereich für die nationale Entwicklung eingestuft.

Derzeit findet schienengebundener Personenfernverkehr in Mexiko nur zu touristischen Zwecken statt. 1997 hatte die staatliche Eisenbahngesellschaft FNM jeden sonstigen Personenverkehr eingestellt.

"Wir werden 600.000 Arbeitsplätze mit den Zügen sowie öffentliche Bauprojekte und Arbeitsplätze schaffen und wir fördern private Investitionen", sagte Sheinbaum. Andrés Lajous, der Generaldirektor der Regulierungsbehörde für Eisenbahnverkehr, erklärte, dass sich die Regierung das Ziel gesetzt habe, 3.000 Kilometer Eisenbahnstrecken zu bauen.