Mexiko-Stadt. In einer knappen Entscheidung haben die Richter:innen des Obersten Gerichtshofs der Nation (SCJN) in Mexiko am Dienstag die Klagen gegen die Justizreform als unzulässig erklärt. Mit diesem Urteil könnte ein monatelanger Konflikt zwischen der Regierungspartei und der Justiz beigelegt werden.
Über mehrere Stunden debattierten die Richter:innen des SCJN über die Verfassungskonformität der Reform. Hintergrund waren Klagen gegen die Reform, in denen Teile als verfassungswidrig bezeichnet wurden. Das Gericht prüfte auch einen Gesetzesvorschlag zur Änderung, eingebracht durch den Obersten Richter Juan Luis González Alcántara. Dieser sah vor, Teile der Reform zu streichen, so dass nur Richter:innen des Obersten Gerichtshofs sowie Wahl- und Disziplinarrichter:innen direkt gewählt würden. Der Vorschlag fand nicht die nötige Mehrheit.
Die Bestätigung fiel mit acht von acht benötigten Stimmen sehr knapp aus. Verfassungsrichter Alberto Pérez Dayán hatte während der Sitzung überraschend seine Meinung geändert und sich von der der Fraktion der Initiator:innen des Entwurfs getrennt. Im Plenum hatte er erklärt, dass die Blockierversuche gegen die Reform in seinen Augen unzulässig seien. Der SNCJ hatte in einer abschließenden Stellungnahme klargestellt, dass es bei seinem Urteil nicht um die grundsätzliche Gültigkeit der Justizreform gegangen sei. Lediglich die eingereichten Einsprüche seien zurückgewiesen worden.
Seit ihrer Verabschiedung hat die Justizreform Mexikos politische Landschaft polarisiert (amerika21 berichtete). Kritiker:innen befürchten, dass sie politische Voreingenommenheit und Einflussnahme von organisierter Kriminalität in der Justiz begünstigen könnte. Die Befürworter:innen der Reform sehen in ihr einen notwendigen Schritt im Kampf gegen die Korruption in der Justiz.
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Die Spannungen zwischen der Regierung und der Justiz erreichten in der letzten Woche einen Höhepunkt. Acht der elf obersten Richter:innen kündigten an, sich nächstes Jahr aus Protest nicht zur Wiederwahl aufstellen zu lassen. Präsidentin Claudia Sheinbaum kritisierte dieses Vorgehen des Gerichts scharf und warf ihm vor, sich "über das mexikanische Volk zu stellen". Sie zeigte sich am Dienstagabend erleichtert um die Entscheidung des SCJN und betonte die Notwendigkeit der Reform. Nun könne sich die Lage beruhigen.
Gerardo Fernández Noroña, Senator der Regierungspartei Morena, unterstrich vergangenen Mittwoch die Haltung von Richter Pérez Dayán. Dieser sei zwar gegen die Änderungen der Verfassung, sah sich jedoch als Richter nicht in der Position, die Reform rückgängig zu machen. Marko Cortés Mendoza von der Partido Acción Nacional (PAN) erklärte, die Mehrheit der SCJN-Richter:innen halte die Reform für verfassungswidrig und kritisierte das "Regime", das seiner Meinung nach Richter "korrumpiere". Er zeigte sich zudem irritiert, wie Pérez Dayán über Nacht seine Meinung geändert habe.
Für Mexiko bedeutet das, dass erstmals nächstes Jahr vom Kongress vorab ausgewählte Richter:innen an den Urnen gewählt werden. Damit wird Mexiko das erste Land der Welt, das Direktwahlen von Richter:innen durchführt.
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