Tocoa. Am Samstagabend gegen 20:40 Uhr wurde in Honduras der Stadtrat der Kreisstadt Tocoa, Juán López, im Alter von 46 Jahren von Unbekannten erschossen. Er war mit Familienangehörigen aus einem Gottesdienst in der Pfarrkirche San Isidro Labrador in seinem Wohnviertel gekommen und in sein Auto eingestiegen, als Männer von einem Motorrad aus auf ihn feuerten.
Im Internet kursiert ein Video, das Lopéz' Wagen mit mehreren Einschusslöchern in der Frontscheibe und dahinter einen blutüberströmten Körper zeigt. Ein Mitglied der Familie von López wurde bei dem Attentat verletzt.
Juan López war ein engagierter katholischer Laienprediger und sowohl in Honduras als auch international bekannter Umweltaktivist. Er leitete das Komitee für die Verteidigung der Gemeingüter in Tocoa. Das Komitee wehrte sich gemeinsam mit großen Teilen der Bevölkerung der nahegelegenen Orte Guapinol und San Pedro seit Jahren gegen die Eisenerztagebaue der Unternehmensgruppe EMCO von Lenir Pérez und Ana Facussé im Naturschutzgebiet Carlos Escaleras (amerika21 berichtete). In jüngster Zeit richteten sich die Proteste auch gegen ein Kokskraftwerk desselben Unternehmerpaares direkt am Guapinol-Fluss.
López, selbst Mitglied der Regierungspartei LIBRE von Präsidentin Xiomara Castro, galt ebenfalls als wortmächtiger Kritiker des umstrittenen Bürgermeisters von Tocoa, Adán Fúnez (ebenfalls LIBRE). Am 10. September, vier Tage vor seiner Ermordung, hatte López in einer Pressekonferenz gemeinsam mit weiteren Parteimitgliedern den Rücktritt von Fúnez gefordert. Fúnez war in einem kürzlich in den USA lancierten Video aus dem Jahr 2013 zu sehen, das ein Gespräch von Mitgliedern des Drogenkartells Los Cachiros mit dem Schwager von Präsidentin Castro und LIBRE-Abgeordnten Carlos Zelaya zeigte (amerika21 berichtete). Das Video war zwar im Rahmen einer Destabilisierungskampagne gegen die Regierung von Xiomara Castro aufgetaucht, in Honduras und besonders im Bezirk Tocoa sind die mutmaßlichen Beziehungen von Carlos ("Carlón") Zelaya und Fúnez zum organisierten Verbrechen jedoch seit Jahren Gesprächsthema.
Castro und ihr Ehemann Mel Zelaya sowie zahlreiche staatliche Instanzen verurteilten den Mord an López umgehend. Das Sicherheitsministerium kündigte eine interdisziplinäre Untersuchungskomission an. Die Plataforma Agraria aus dem Aguán-Tal und der Dachverband sozialer Organisationen COPA verlangen die Entsendung von Spezialist:innen nach Tocoa und den sofortigen Abzug der dort stationierten Beamten der Ermittlungspolizei DPI.
Ismael Moreno SJ (Padre Melo) und der Menschenrechtsanwalt Joaquín Mejía vom jesuitischen Thinktank ERIC fordern, eine internationale Kommission solle die Ermittlungen und insbesonders die Suche nach den Auftraggebenden des Mordes begleiten.
Die Aktivist:innen der Plattform Guapinol Resiste weisen darauf hin, dass Juan López wegen seines Engagements für die Umwelt auch von staatlicher Seite immer noch kriminalisiert worden sei. Die Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte hatte den honduranischen Staat vor einem Jahr zu Schutzmaßnahmen für López, der beständig bedroht wurde, und für 29 weitere gefährdete Menschenrechtsverteidiger:innen aus Guapinol und Tocoa verpflichtet. Diese seien jedoch in keiner Weise umgesetzt worden. Seit 2018 wurden sieben Umweltschützer aus dem Bezirk Tocoa ermordet, zuletzt Oscar Oquelí Dominguez Ramos im Juni 2023 (amerika21 berichtete).