Vor Flucht nach Deutschland: Chilenischer Folterarzt in Argentinien festgenommen

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Federico Álvarez starb an den Folgen der Folter. Jurgensen bescheinigte ihm kurz zuvor "Gesundheit"
Federico Álvarez starb an den Folgen der Folter. Jurgensen bescheinigte ihm kurz zuvor "Gesundheit"

Buenos Aires/Santiago. Der Arzt Manfredo Jurgensen Caesar, der in Chile wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur (1973–1990) verurteilt wurde, sitzt in Auslieferungshaft in Argentinien.

Dort wurde er am internationalen Flughafen von Ezeiza festgenommen, bevor er sich nach Deutschland absetzen konnte. Er wollte mit einem deutschen Pass ausreisen. Nach Angaben des chilenischen Berufungsgerichts besitzt der 79-jährige die doppelte Staatsbürgerschaft, die chilenische und die deutsche.

Jurgensen Caesar gehörte zu einem medizinischen Team im Dienste des inzwischen aufgelösten Nationalen Geheimdienstzentrums (CNI), dessen Aufgabe es war, Gefangene am Leben zu erhalten, die in den geheimen Gefängnissen des Regimes gefoltert wurden.

Die genaue Zahl der Opfer, die durch seine Hände gegangen sind, ist zwar nicht bekannt, aber im Januar hat ihn ein Gericht in Chile wegen des Todes des Lehrers Federico Álvarez im Jahr 1979 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Álvarez war Mitglied der Bewegung der Revolutionären Linken (MIR). Er wurde bei der Verteilung von Flugblättern gegen die Diktatur verhaftet und dem CNI, der Geheimpolizei von Augusto Pinochet, übergeben. Dort wurde er fünf Tage lang unter Aufsicht von Ärzten gefoltert.

In einem äußerst schlechten Zustand wurde er mit einem von Jurgensen und seinen Kollegen ausgestellten Attest, das den Gesundheitszustand des Häftlings bescheinigte, vor ein Militärgericht gebracht.

Das Gericht beschloss, ihn in ein Krankenhaus in der Hauptstadt zu bringen, wo er am nächsten Tag starb. Eine Autopsie ergab, dass er an mehreren Stellen seines Körpers Verbrennungen sowie schwere Schläge, Rippenbrüche und Lungenquetschungen erlitten hatte.

Nach dem Ende der Diktatur führte der Arzt weiterhin ein normales Leben, er war der Leibarzt des ehemaligen Präsidenten Sebastián Piñera.

Er selbst betätigte sich nicht politisch, aber einer seiner Brüder, Harry Jurgensen, war Gouverneur der südlichen Region Los Lagos. Jurgensen ist auch der Onkel des Abgeordneten Harry Jurgensen Rundshagen, der unabhängiges Mitglied der ultrarechten Republikanischen Partei ist.

Als er schließlich zusammen mit anderen Angehörigen des Repressionsapparates vor Gericht gestellt wurde, blieb er trotz der Schwere seiner Verbrechen auf freiem Fuß. Dies ermöglichte ihm, nach der Urteilsverkündung zu fliehen.

Er wurde am Wochenende auf dem internationalen Flughafen von Ezeiza in Argentinien verhaftet, kurz bevor er einen Lufthansa-Flug nach Frankfurt am Main antreten wollte.

Die chilenischen Justizbehörden haben ein Auslieferungsgesuch gegen den Folterarzt gestellt, der für die Dauer des Verfahrens im Gefängnis bleiben muss.