Chile / Politik

Chile verschärft Einwanderungsgesetze

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Personenkontrollen des Militärs an illegalen Grenzübergängen in der Region Tarapacá
Personenkontrollen des Militärs an illegalen Grenzübergängen in der Region Tarapacá

Santiago. Die Mitte-links Regierung von Präsident Gabriel Boric in Chile will mit administrativen Mitteln den Zuzug von Migranten eindämmen und hat neue Regelungen erlassen.

Die Zahl der Einwanderungen hat sich Angaben des Jesuiten-Migrationsdienstes zwischen 2010 und 2021 um das 57-fache erhöht, von 415 auf mehr als 23.000 Menschen. Die illegalen Grenzübertritte seien entsprechend mitgewachsen. Kritiker und Betroffene kritisieren indes unzureichende Verwaltungsstrukturen, um den Verbleib von Migranten, die zum Teil schon länger in Chile leben, zu legalisieren.

Offiziellen Zahlen zufolge leben derzeit fast 1,5 Millionen dokumentierte Migranten in Chile, die meisten von ihnen Venezolaner und Peruaner.

Die Gesetzesnovelle, die vom Parlament verabschiedet wurde, gestattet der Polizei (Carabineros de Chile) Verdachtskontrollen durchzuführen und erweitert die Zeitspanne, um die ohne gültige Dokumente aufgefundenen Personen der Zivilpolizei (Policia de Investigaciones, PDI) zu überstellen. Nach bisher gültigem Recht ist die Ausländerabteilung der PDI allein berechtigt, diese Kontrollen vorzunehmen.

Seit dem 27. Februar übernehmen Militäreinheiten die Kontrolle der unwegsamen Grenzabschnitte zu Peru und Bolivien, um illegale Grenzgänger abzuschrecken. Ihr Einsatz ist vorerst auf 90 Tage begrenzt und hat nach offiziellen Angaben bereits zu einem leichten Rückgang der illegalen Grenzübertritte geführt. Sie haben ebenfalls Polizeibefugnisse wie Personen- und Gepäckkontrollen.

In den letzten Tagen beschwerte sich der peruanische Sender América TV, dass chilenische Sicherheitskräfte Geflüchtete auf illegalen Wegen nach Peru schleusten. Die Regierung Boric weist die Anschuldigungen energisch zurück, kündigte jedoch eine Untersuchung an. Es sei wohl davon auszugehen, dass die Geflüchteten, wenn sie der Grenzbewachung gewärtig werden, von einem Grenzübertritt nach Chile absehen und nach Peru zurückkehren.

In Chile leben, zum Teil schon seit Jahren, undokumentierte Migranten, die über eine Selbstanzeige versuchen, ihren Aufenthalt zu legalisieren. Wenn gegen sie keine juristische oder verwaltungsmäßige Ausweisung vorliegt, bezahlen sie eine Strafe und bekommen einen zeitlich begrenzten bzw. später einen endgültigen Personalausweis. Das neue Gesetz sieht nun vor, dass die Geflüchteten beim Grenzübertritt und anschließender Notaufnahme freiwillig ihre Fingerabdrücke abgeben. So soll ihr Weg durch Chile und seine Institutionen lückenlos nachvollziehbar werden, um zu verhindern, dass der Staat nicht weiß, wer sie sind und wo sie sich aufhalten.

Ohne gültige Ausweise bekommen sie nur Gelegenheitsjobs, arbeiten als Straßenverkäufer, haben keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung und können ihre Kinder nicht an den Schulen anmelden. Häufig sind sie, ohne sich wehren zu können, skrupellosen Vermietern und Jobvermittlern ausgesetzt. Zu den behördlichen Problemen kommt noch der Verlust der Heimat und nicht selten der Familie, Frauen und Kinder bleiben zurück oder kommen später nach, was die Probleme in Chile nur noch multipliziert.

Gegner des neuen Gesetzes kritisieren insbesondere, dass die staatlichen Stellen die Legalisierung von Migranten verschleppen: Die Fristen, um die gewünschten Personalausweise auszustellen, belaufen sich auf Monate, zum Teil auf Jahre.