Brasilien / Politik

Brasilien: Bolsonaro-Lager erleidet Niederlage bei Senatsvorsitz

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Rodrigo Pacheco von der Zentrumspartei Partido Social Democrático, für weitere zwei Jahre Präsident des Senats
Rodrigo Pacheco von der Zentrumspartei Partido Social Democrático, für weitere zwei Jahre Präsident des Senats

Brasília. Der bisherige Präsident des brasilianischen Senats, Rodrigo Pacheco von der Zentrumspartei PSD (Partido Social Democrático), ist für die ersten zwei Jahre der neuen Legislaturperiode wiedergewählt worden. Er setzte sich gegen den Kandidaten des "Bolsonarismo", den ehemaligen Minister für Regionalentwicklung Rogério Marinho von der konservativen PL (Partido Liberal), mit 49 zu 32 Stimmen durch.

Die Wahl war ein Kräftemessen zwischen den Verbündeten von Ex-Präsident Jair Bolsonaro und den Sympathisanten von Präsident Lula da Silva, denn der neue Senat ist von Zersplitterung und konservativer Dominanz geprägt: Von den 81 Senator:innen, die aus zwölf Parteien kommen, sind rund drei Viertel dem "Centrão" (wörtlich: große Mitte) und rechten Parteien zuzurechnen. Bei dem informellen "Geben und Nehmen" konnten einige Senator:innen nicht zuletzt mit prestigeträchtigen Posten zur Wahl von Pacheco bewegt werden, während die Bolsonaro-Partei PL nun für das Senatspräsidium leer ausging.

Für die Linke hat die Wahl von Pacheco einen bittersüßen Geschmack, denn der 46-Jährige ist ein typischer Vertreter seiner als "pega-tudo" ("Nimm alles") bezeichneten Partei. Bei der Wahl zu seiner ersten Senatspräsidentschaft (2021/2022) unterstützten viele Bolsonaristen Pacheco, von denen er sich aber zunehmend absetzte – u.a. war er gegen das Gesetz zur Erleichterung des Waffenbesitzes.

Bei der Amtseinführung von Lula forderte Pacheco mit Nachdruck eine Überwindung der Spaltungen im Land. Den putschistischen Aufruhr und die Verwüstungen des 8. Januar verurteilte er entschieden. Nach seiner jetzigen Wiederwahl plädierte er für einen gegenüber der Regierung "kooperativen Senat" und für einen Dialog mit der judikativen Gewalt, v.a. mit dem obersten Bundesgericht STF. Die vom Bolsonaro-Lager geforderte Amtsenthebung von Bunderichter:innen lehnt er als "Banalisierung des impeachment" ab.

Brasilianische Medien werteten die in der deutschen Berichterstattung quasi unbemerkte Entscheidung als wichtigen parlamentarischen Sieg Lulas und seiner Regierung. Allerdings verdeutlichen die vielen Gegenstimmen zugleich die Stärke der rechten Opposition in der für die Gesetzgebung wichtigen zweiten Kammer. Die Online-Zeitung und Radioagentur Brasil de Fato wertete die Wahl von Pacheco als einen Betrag zur "Linderung der institutionellen Krise", die durch die Ereignisse des 8. Januar und die anhaltenden politischen Verwerfungen verursacht wurde.