London/Havanna. Vor dem britischen Royal Court of Justice in London hat am Montag ein Prozess um einen Teil der Altschulden Kubas begonnen. Der Kläger, ein Fonds mit Sitz auf den Kaimaninseln, verlangt von der kubanischen Zentralbank (BNC) die sofortige Rückzahlung von Staatsschulden aus dem Jahr 1984 in Höhe von rund 72 Millionen Euro.
Die Klage kommt zwei Jahre nach der ersten Reklamation durch den Investmentfonds CRF I Ltd., der seit 2009 kubanische Staatsanleihen angekauft hatte. Nachdem eine außergerichtliche Einigung 2018 nicht zustande kam, landet der Fall nun vor dem höchsten britischen Gericht.
Kubas Zentralbank erklärte dazu, dass der Fonds aus ihrer Sicht kein legitimer Inhaber der Schuldpapiere sei, da von der Zentralbank niemals eine Zustimmung zum Verkauf von Schulden an CRF erfolgt ist. Die Schulden seien mit "illegalen Mitteln und unter schweren Unregelmäßigkeiten" an den Fonds gelangt, "die von einem Zentralbankbeamten begangen wurden und gegen das Gesetz verstießen", heißt es in einer Stellungnahme, die in der Parteizeitung "Granma" veröffentlicht wurde.
"Das von diesem Beamten ausgestellte Dokument über die angebliche Abtretung entsprach nicht den rechtlichen Anforderungen, die sowohl in den dem englischen Recht unterliegenden Vereinbarungen als auch in den internen Vorschriften der Zentralbank und im kubanischen Recht festgelegt sind, und ist daher nichtig", so die Bank weiter.
Die früheren Gläubiger der ursprünglich in D-Mark ausgegebenen Kredite waren die Credit Lyonnais Bank Nederland und die italienische Zentralbank.
In dem Gerichtsprozess soll nun zunächst festgestellt werden, ob CRF ein rechtmäßiger Gläubiger ist oder nicht. Erst danach kann in einem gesonderten Verfahren über eine Rückzahlung entschieden werden. Vertreten wird die kubanische Zentralbank von einem Team aus englischen, kubanischen und spanischen Anwälten.
"Die BNC und Kuba haben ihre Schulden nie ignoriert und waren immer daran interessiert, mit ihren legitimen Gläubigern zu verhandeln", so die Bank in ihrer Erklärung.
Sogenannte "Geierfonds" sind dafür bekannt, problematische oder ausgefallene Kredite aufzukaufen um die sofortige Rückzahlung der vollen Summe vor internationalen Gerichten einzuklagen. Auch andere lateinamerikanische Länder wie Argentinien hatten in der Vergangenheit ähnliche Klagen in oft jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen ausgefochten.
Der Prozess wird von Kubas westlichen Gläubigern genau beobachtet werden, von denen einige seit Beginn der momentanen Wirtschaftskrise in Folge der Corona-Pandemie und verschärfter US-Sanktionen auf die Rückzahlung von Schulden warten.