Kuba / USA / Politik

Informantin von Kubas Nachrichtendienst aus US-Haft entlassen

Ana Belén Montes nach 21 Jahren Isolationshaft frei. Sie habe getan, was sie für angemessen hielt, "um einer großen Ungerechtigkeit entgegenzutreten"

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Ana Bélen Montes. Ihre Anwältin verbreitete das Bild nach der Freilassung zusammen mit einer Pressemitteilung Beléns
Ana Bélen Montes. Ihre Anwältin verbreitete das Bild nach der Freilassung zusammen mit einer Pressemitteilung Beléns

Fort Worth/San Juan. Die aus Puerto Rico stammende ehemalige Leiterin des Lateinamerika-Büros des US-Militärgeheimdienstes DIA (Defense Intelligence Agency), Ana Belén Montes, ist am 8. Januar nach 21 Jahren Haft freigelassen worden. Sie hatte seit 1984 mit den kubanischen Sicherheitsbehörden kooperiert und als führende Kuba-Expertin des DIA Informationen nach Havanna übermittelt.

Im Jahr 2001 wurde sie enttarnt und zu einer 26-jährigen Haftstrafe wegen Spionage und Landesverrat verurteilt. Sie wurde in die Sonderabteilung eines Bundesgefängnisses für Gewalttäter mit psychiatrischen Problemen auf einem Gelände der US-Marine verbracht. Bis zu ihrer nun erfolgten vorzeitigen Entlassung aus dem Gefängnis des US-Marinestützpunkts Fort Worth war ihr nur sehr eingeschränkter Kontakt zu den engsten Familienangehörigen gestattet. Während der 21 Jahre andauernden Isolationshaft verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand teils dramatisch.

Die Haftbedingungen, denen Ana Belén Montes als politische Gefangene ausgesetzt war, erinnern an die Behandlung der "Los 5", auch bekannt als "Cuban Five". Die fünf Kubaner hatten exilkubanische Terrorgruppen in Miami ausgekundschaftet, um Terroranschläge auf ihr Land zu verhindern. In politischen Prozessen wurden sie zu hohen Haftstrafen verurteilt, die sie zum großen Teil in Einzelhaft absitzen mussten, mit äußerst beschränkten Kontakten zu engsten Familienangehörigen.

Isolationshaft wird von den Vereinten Nationen und internationalen Menschenrechtsorganisationen als grausame, unmenschliche Behandlung und Folter eingestuft.

Als hochrangige Mitarbeiterin des Pentagon hatte Belén Zugang zu vertraulichen Informationen verschiedener US-Behörden und konnte die kubanischen Sicherheitsorgane so über bevorstehende feindselige Aktivitäten der US-Regierung informieren. Sie machte bei ihrer Verteidigungsrede im Jahr 2002 vor Gericht deutlich, dass die Verteidigung Kubas gegen die US-Aggressionspolitik ihr Motiv für die Zusammenarbeit mit dem kubanischen Nachrichtendienst war und weder Geld noch sonstige materielle Anreize eine Rolle bei ihrer Entscheidung gespielt haben.

"Ich halte die Politik unserer Regierung gegenüber Kuba für grausam, ungerecht und zutiefst feindselig. Ich hielt es für meine moralische Pflicht, der Insel zu helfen, sich gegen unsere Versuche zu wehren, ihr unsere Werte und unser politisches System aufzuzwingen". Die USA hätten nie das Recht Kubas respektiert, "seinen eigenen Weg in Richtung seiner Ideale von Gleichheit und Gerechtigkeit zu gehen". Sie habe getan, was sie für angemessen hielt, "um einer großen Ungerechtigkeit entgegenzutreten", erklärte sie damals.

Beléns Haltung brachte ihr nicht nur den Respekt und die Solidarität der Menschen in Kuba ein, sondern auch die der Unabhängigkeitsbewegung Puerto Ricos. So würdigte unter anderem die "Föderation der kubanischen Frauen" in einem Tweet nach der Freilassung das Leben und den Widerstand Beléns, "ihren enormen Mut, ihre Würde, ihren Altruismus und ihre Ehrenhaftigkeit". Der Ko-Vorsitzende der puertoricanischen Bewegung "Independentista Nacional Hostosiano", Julio Muriente Pérez, erklärte gegenüber der Presse, Belén sei "eine außergewöhnliche Heldin". Sie habe die US-Regierung nicht "verraten", weil sie ihr gegenüber nie loyal gewesen sei: "Ihre Loyalität galt der Gerechtigkeit und der Achtung der Souveränität des Volkes. Sie war im höchsten Sinne eine Kämpferin für die Würde."

Die US-Justiz verhängte eine fünfjährige Bewährungsfrist, Beléns Internetaktivitäten werden überwacht, es ist ihr untersagt "mit ausländischen Agenten zu kommunizieren" und sie darf nie mehr in den USA arbeiten.

Sie sei mehr als glücklich, wieder in Puerto Rico zu sein, schrieb die heute 65-Jährige in einer Pressemitteilung, die ihre Anwältin verbreitete. "Nach zwei sehr anstrengenden Jahrzehnten, und da ich wieder meinen Lebensunterhalt verdienen muss, möchte ich mich einem ruhigen und privaten Leben widmen. Daher werde ich mich nicht an Medienaktivitäten beteiligen."

Diejenigen, die ihr Interesse nun auf sie richteten, forderte sie auf, "sich stattdessen auf wichtige Themen zu konzentrieren", wie die ernsten Probleme der puertoricanischen Bevölkerung oder die US-Blockade gegen Kuba. "Wer hat in den letzten 60 Jahren das kubanische Volk gefragt, ob es will, dass die USA ein erdrückendes Embargo verhängen, unter dem es leidet?" Dringend notwendig sei zudem "eine globale Zusammenarbeit", um die Zerstörung der Umwelt aufzuhalten und umzukehren, so Belén abschließend.