Proteste in Argentinien für Freilassung der Túpac Amaru-Aktivistin Milagro Salas

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Gegen "Mafia-Justiz": Protest am 7. Jahrestag der Inhaftierung von Milagro Sala
Gegen "Mafia-Justiz": Protest am 7. Jahrestag der Inhaftierung von Milagro Sala

San Salvador de Jujuy. Gewerkschaften, politische und soziale Gruppierungen sowie Menschenrechtsorganisationen haben am siebten Jahrestag der Inhaftierung von Milagro Sala, der Anführerin der Kooperative Túpac Amaru und Abgeordnete des Parlasur, protestiert. Von Argentiniens Präsident Alberto Fernandez fordern sie ihre Begnadigung. In der Provinzhauptstadt von Jujuy fanden Demonstrationen für ihre Freilassung statt, auch in Buenos Aires gab es ein Protestcamp vor dem Präsidentenpalast.

Die Kooperative Túpac Amaru, mehrheitlich bestehend aus Indigenen Aktivist:innen der nördlichsten Provinz Argentiniens, aber auch in anderen Gegenden des Landes aktiv, baute tausende von Sozialwohnungen, dazu Bildungseinrichtungen, ärztliche Ambulatorien und Werkstätten auf. Ihre Arbeit erhielt internationale Aufmerksamkeit und wurde in bekannten Fachzeitschriften vorgestellt. Sie bekam zwar eine staatliche Förderung, Planung, Organisation und Arbeitskraft kamen jedoch fast vollständig von den Mitgliedern.

Mit Ihrer Tätigkeit wurde sie ein Dorn im Auge der etablierten Ordnung der sehr konservativen und rückständigen Provinz Jujuy. Mit dem Wahlsieg 2015 von Gouverneur Gerardo Morales von der Partei Unión Civica Radical ‒ einer engen Alliierten des damals ebenfalls gewählten Präsidenten Mauricio Macri ‒ kam der juristische und mediale Krieg gegen die Kooperative auf eine neue Ebene.

Morales besetzte die Provinzjustiz mit Mitgliedern seiner Partei, erweiterte deren Gerichtshof, um eine eigene Mehrheit zu bekommen und ernannte einen neuen Generalstaatsanwalt. Dieser überschüttete die Anführer von Túpac Amaru mit Beschuldigungen, die von kleinen Delikten (Morales bei einem Wahlkampfauftritt mit Eiern beworfen zu haben) bis hin zu schwerwiegenden Straftaten (Bildung einer illegalen Vereinigung, Erpressung, Korruption) reichten.

Der Hauptvorwurf lautete auf Veruntreuung der staatlichen Mittel, was jedoch allein durch die Tatsache widerlegt wird, dass jedes gebaute Haus im Schnitt nur 16.000 Dollar der Fördergelder kostete, ohne die ganzen anderen Werke zu berücksichtigen. Sala und elf weitere Mitstreiter:innen wurden festgenommen. Unter Verwendung von erpressten und gekauften Zeugen und falschen Beweisen erfolgten die ersten Urteile, die zum Teil von höheren Instanzen wieder aufgehoben wurden, um dann durch neue Beschuldigungen ersetzt zu werden.

Obwohl keines der Urteile rechtskräftig war, hielt man die Angeklagten weit über die gesetzliche Höchstdauer in Untersuchungshaft. Durch eine Intervention von Instanzen der Vereinten Nationen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte wurde Salas Inhaftierung in Hausarrest umgewandelt, wobei Gouverneur Morales auch dieses in sehr eigener Form interpretierte und sie nicht in ihr eigenes Haus entließ, sondern in ein eigens dafür arrangiertes Gebäude mit starker Bewachung.

Schließlich wurde Sala 2019 in einem ebenfalls von Unregelmäßigkeiten gekennzeichneten Prozess zu 13 Jahren Haft verurteilt (amerika 21 berichtete).

Dieses Urteil wurde kürzlich vom argentinischen Obersten Gerichtshof (OGH) bestätigt, jedoch lediglich mit formellen Argumenten begründet, ohne auf die eigentlichen Beschwerden einzugehen. Dies führte zu starker Kritik von Juristen und Menschenrechtsorganisationen, die darin erneut seine Parteilichkeit bestätigt sehen.

Präsident Fernández hatte sich zwar mehrfach mit Sala solidarisiert und sie auch in Haft besucht, unternahm letztlich aber nichts in der Sache. Eine Bundesintervention der Provinzjustiz, wie von Vielen angesichts der Missstände verlangt, wollte er nicht einleiten. Aber auch eine Begnadigung von Sala schloss er aus, mit der Begründung, dass die Verurteilung durch die Provinz erfolgte und nur der Gouverneur sie begnadigen dürfe. Dem widersprechen jedoch zahlreiche Juristen, unter anderem mit dem Hinweis, dass der OGH das Urteil durch seine Bestätigung zur Bundessache gemacht habe.