Buenos Aires. Die 8. Bundesstrafkammer in Argentinien hat die Verfahrenseinstellung und den Freispruch von Ex-Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner und acht Mitangeklagten wegen angeblicher Vertuschung des Anschlags gegen das jüdisch-argentinische Gemeindezentrum Amia verkündet. Bei dem Terroranschlag im Jahr 1994 in Buenos Aires starben 85 Menschen, mehr als 300 wurden verletzt. Laut Kritikern handelte es sich bei diesem Verfahren um einen der offensichtlichsten Fälle des Lawfares der letzten Jahre in Argentinien.
Die Richter Daniel Obligado, José Michilini und Maria Gabriela López Iñiguez urteilten, dass in dem Fall von den Beschuldigten kein Verbrechen begangen wurde und es sich um eine nicht justiziable politische Entscheidung gehandelt habe, die nie zur Geltung kam. Sie gaben auch den Beschwerden der Verteidigung statt, die von einer Verletzung der Unabhängigkeit der Richter bei der Wiedereröffnung des Falles ausgingen.
Bei dem Verfahren ging es um ein von der Regierung Cristina Kirchners vorgeschlagenes Abkommen mit dem Iran, durch das Bewegung in die Untersuchungen um den Anschlag aus dem Jahr 1994 kommen sollte.
Dazu wollte man iranische Beschuldigte, deren Auslieferung verweigert wurde, im Iran selbst oder in einem Drittland von argentinischen Justizbeamten befragen lassen. Der Vorschlag war dem argentinischen Parlament zur Abstimmung vorgelegt und genehmigt, dann jedoch von der Justiz für verfassungswidrig erklärt worden, so dass die Sache nie zum Tragen kam. Das iranische Parlament ratifizierte das Abkommen nicht.
Die iranische war eine von drei Hypothesen über den bis heute weitgehend ungeklärten Anschlag. Die ersten Ermittlungen gingen von einem rechtsradikalen lokalen Hintergrund aus. Dann tauchten Hinweise auf eine Verbindung nach Syrien auf. Auf Druck der israelischen und der US-Botschaft wurden diese Thesen gegen eine vermeintliche iranische Urheberschaft beiseite gelassen, für die jedoch lediglich nicht verifizierbare Geheimdienstinformationen vorlagen. Durch Wikileaks veröffentlichte Unterlagen belegen dies.
Die Ermittlungen wurden jahrelang vom Staatsanwalt Alberto Nisman geführt, ohne dass es zu nennenswerten Fortschritten kam. 2015 machte eine Gruppe von Angehörigen der Opfer Druck, den Staatsanwalt angesichts der Erfolglosigkeit zu ersetzen. Gerüchte gingen um, die Regierung habe vor, ihn abzusetzen. Nisman unterbrach eine Reise durch Europa und kehrte nach Buenos Aires zurück, um überraschend eine Anklage gegen die Präsidentin und den damaligen Außenminister Hector Timerman vorzulegen.
Die Grundlage der Anklage wurde jedoch kurz nach Bekanntgabe erschüttert. Damals hatte Richter Rodolfo Canicoba Corral erklärt, dass niemand aus der Regierung die Aufhebung der Haftbefehle verlangt hätte und der Chef von Interpol, Ronald Noble, dieses ebenfalls schriftlich bestätigte. Nisman, der am Montag im Parlament seine Anklage erläutern sollte, wurde am Sonntag den 18. Januar 2015 tot in seiner Wohnung aufgefunden. Es wurde schnell behauptet, er sei ermordet worden. Nach fast sieben Jahren Ermittlung ist jedoch nicht ein Indiz aufgetaucht, das diese These beweisen würde. Vieles deutet bislang auf einen Selbstmord hin.