Kuba / Politik

Kuba dementiert angebliches Verschwinden von Personen nach Protesten

Im Internet zirkulierende Listen, die mehr als 500 Namen anführen, halten Überprüfungen nicht stand. US-Regierung: "Neue Sanktionen sind erst der Anfang"

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Eine von zahlreichen Listen mit Namen angeblich verschwundener und/oder verhafteter Personen, die im Internet kursieren
Eine von zahlreichen Listen mit Namen angeblich verschwundener und/oder verhafteter Personen, die im Internet kursieren

Havanna. Kubas Innenministerium hat nach den Protesten vom 11. Juli die rechtlichen Garantien für sämtliche in Haft befindlichen Personen bekräftigt und die Existenz von angeblich "verschwundenen" Personen zurückgewiesen. In den sozialen Medien zirkulieren entsprechende Listen, die teilweise von internationalen Medien aufgegriffen wurden.

"Ebenso wie Entführung zählt auch die Folter nicht zu den in Kuba praktizierten Methoden", sagte Oberst Víctor Álvarez, der beim Innenministerium für die Aufsicht über die Strafverfolgung zuständig ist. Die Familien von verhafteten Personen würden in der Regel innerhalb von 24 Stunden benachrichtigt. Seit den Ereignissen hätten sich 63 Personen an die Behörden gewandt, um herauszufinden in welcher Einrichtung festgenommene Angehörige untergebracht sind. Alle seien entsprechend informiert worden.

Die im Internet zirkulierenden Listen, die mehr als 500 Namen anführen, seien fehlerhaft und beinhalteten auch Personen, die gar nicht festgenommen wurden. Einer von ihnen wurde in einer Fernsehsendung zu dem Thema interviewt: "Ich bin Ramón Samada. Verschiedene Kollegen und Angehörige haben mich angesichts meines angeblichen Verschwindens besorgt angerufen", stellte er sich vor. Tatsächlich war Samada offenbar die ganze Zeit über auf seinem Arbeitsplatz beim kubanischen Rundfunk.

Ein Vertreter des bundesdeutschen Goethe-Instituts in Havanna bestätigte dies und sagte gegenüber der Zeitung "Neues Deutschland", man habe "eine Liste der US-Tageszeitung Miami Herald abtelefoniert", und dabei "mehrere der angeblich Verschwundenen am selben Tag in ihren Büros und Wohnungen kontaktiert".

In der Sendung "Hacemos Cuba" gab das Ministerium über Festnahmen und die laufenden Verfahren Auskunft, die sich unter anderem auf Punkte wie Vandalismus, Diebstahl, Anstiftung zu Gewalt und Beschädigung von öffentlichem Eigentum beziehen. Gegen "eine sehr kleine Zahl" von Personen sei Untersuchungshaft angeordnet worden, alle würden anwaltlich vertreten. Andere Festgenommen seien bereits freigelassen worden, manche "mit einer Vorsichtsmaßnahme, wie etwa Hausarrest" und alle könnten einen Anwalt hinzuziehen.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters gab es infolge der Proteste rund 200 Festnahmen, offizielle Zahlen liegen bislang nicht vor.

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"Sie töten uns": Eins von zahllosen Bildern der Kampagne gegen Kuba in den sozialen Netzwerken, beigesteuert vom Werbestudio "genius art designs" in Miami
"Sie töten uns": Eins von zahllosen Bildern der Kampagne gegen Kuba in den sozialen Netzwerken, beigesteuert vom Werbestudio "genius art designs" in Miami

Systemgegner rufen unterdessen über die sozialen Netzwerke zu neuen Protesten und einem Generalstreik am 26. Juli auf  ‒ dem kubanischen Nationalfeiertag. Der "Dia de la Rebeldía Nacional" erinnert an den Sturm auf die Moncada-Kaserne des US-hörigen Diktators Fulgencio Batista in Santiago de Cuba am 26. Juli 1953, der als Beginn der kubanischen Revolution gilt.

Am Donnerstag hat die US-Regierung Sanktionen gegen Kubas Verteidigungsminister Álvaro López Miera und die Spezialeinheiten des Innenministeriums verhängt, denen sie im Kontext der Proteste Verletzungen der Menschenrechte vorwirft.

In einer Stellungnahme von Präsident Joe Biden heißt es, dass dies "nur der Anfang war. Die Vereinigten Staaten werden weiterhin Personen sanktionieren, die für die Unterdrückung des kubanischen Volkes verantwortlich sind."

In einem "Fact Sheet" kündigt das Weiße Haus zudem an, das Personal in der momentan minimal besetzten US-Botschaft in Havanna aufzustocken, "um unsere Fähigkeit zu verbessern, dem kubanischen Volk angesichts seiner schlimmen Umstände unter einem repressiven autoritären Regime konsularische Dienste anzubieten".

Zuvor hatte die im US-Außenministerium für den amerikanischen Kontinent zuständige Julie Chung erklärt, dass die Regierung auf Anweisung Bidens "aktiv Maßnahmen verfolgt, die sowohl das kubanische Volk unterstützen als auch das kubanische Regime zur Rechenschaft ziehen werden". Man wolle unter anderem "das diplomatische Engagement mit regionalen und internationalen Partnern intensivieren", um "die Gewalt und Repression gegen das kubanische Volk zu verurteilen".

Auch solle eine "Arbeitsgruppe für Überweisungen" eingerichtet werden, die sich darauf konzentriere, "wie Geld direkt an Kubaner überwiesen werden kann, ohne dass es in die Hände der Unterdrücker fällt."

Geldsendungen von Familien aus dem Ausland nach Kuba waren durch die Regierung von Präsident Donald Trump drastisch eingeschränkt worden. Seit Oktober 2019 dürfen von den USA aus nur noch maximal 1.000 US-Dollar pro Quartal an kubanische Staatsangehörige gesendet werden, halb so viel wie zuvor. Zudem darf kein Geld mehr an Personen geschickt werden, deren "enge Verwandte" Mitglieder der Kommunistischen Partei Kubas sind.