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Guaidó für Bundesregierung nicht mehr Interimspräsident Venezuelas

Ex-Parlamentspräsident für EU nur noch "wichtiger Akteur" und "privilegierter Gesprächspartner". Linkspartei kritisiert Rolle der Bundesregierung

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Venezuelas selbsternannter "Interimspräsident" Juan Guaidó
Venezuelas selbsternannter "Interimspräsident" Juan Guaidó

Berlin/Brüssel/Caracas. Die deutsche Bundesregierung hat ihre Position zu Juan Guaidó geändert. Sie erkennt den ehemaligen Parlamentspräsidenten nicht mehr als Interimspräsidenten Venezuelas an.

Dies bestätigte Christofer Burger, stellvertretender Sprecher des Auswärtigen Amtes, Mitte der Woche in der Regierungspressekonferenz in Berlin. Zwar beantwortete er eine konkrete Nachfrage nicht, aber er verwies zweimal auf die Ratsschlussfolgerung vom 25. Januar. Diese hatten die EU-Außenminister einstimmig verabschiedet. In dem Dokument bezeichnen die EU-Mitgliedsstaaten Guaidó nur noch als "wichtigen Akteur" und "privilegierten Gesprächspartner". Gleichzeitig bezeichnen sie die Parlamentswahlen vom 6. Dezember des vergangenen Jahres als "vertane Chance für die Demokratie", da sie ohne nationales Einvernehmen über die Wahlbedingungen stattgefunden habe.

Einen Hinweis auf Guaidós ehemalige Funktion als Parlamentspräsident oder gar seine vor zwei Jahren ausgerufene Interimspräsidentschaft finden sich in der Ratsschlussfolgerung nicht. Verschiedene Medien in Europa und Lateinamerika interpretierten die Aussagen deswegen in die Richtung, dass die EU-Staaten Guaidó nicht mehr als Interimspräsidenten unterstützten. Bisher hatten die meisten aber nicht alle EU-Staaten Guaidó als solchen anerkannt. Darauf hatte auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hingewiesen. Der Europäische Rat habe nie Guaidó als Interimspräsidenten anerkannt, da es unterschiedliche Positionen unter den Mitgliedsstaaten gegeben habe.

Für die Bundesregierung bedeutet die Position der EU laut Außenamtssprecher Burger nun, dass sie weiterhin "die von Juan Guaidó angeführten demokratischen Kräfte in Venezuela mit dem Ziel unterstützt, den Ausweg aus der Krise durch freie, faire und glaubwürdige Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu befördern". Es sei der Bundesregierung von Anfang an darum gegangen, dass die venezolanische Bevölkerung selbst darüber bestimmen könne, wer in Venezuela regiert. "Das bleibt auch weiter unser Ziel", so Burger.

Nach einer Anfrage von amerika21, warum am Donnerstagmorgen noch Juan Guaidó als Interimspräsident auf der Website des Auswärtigen Amtes benannt sei, verschwand sein Name umgehend. Ebenfalls gelöscht wurde der Name von Jorge Arreaza, der Außenminister der Regierung von Nicolás Maduro, war dort vorher neben Guaidó genannt.

Mit der Ratsschlussfolgerung von Anfang der Woche stellten sich die Mitgliedsstaaten zumindest gegen Teile der Resolution des Europäischen Parlaments aus der vergangenen Woche. Die Parlamentarier hatten mit großer Mehrheit eine Resolution in Richtung es Europäischen Rates verabschiedet. Dieser solle Guaidó weiterhin als legitimen Präsidenten Venezuelas anerkennen und die verfassungsmäßige Fortsetzung der Amtszeit der 2015 gewählten Nationalversammlung bestätigen. Auch der designierte US-Außenminister Anthony Blinken hatte die EU aufgefordert, Guaidó weiter als "zuständigen Präsidenten" anzuerkennen.

Die Bundestagsabgeordneten der Linkspartei Andrej Hunko und Heike Hänsel begüßten die Position der EU und kritisierten die Bundesregierung. Diese habe bis zuletzt auf die "Beibehaltung der völkerrechtswidrigen Anerkennung" Guaidós gedrängt, schrieb Hunko auf Twitter. Hänsel bezeichnete die EU-Position als "Klatsche" für die Bundesregierung. Nachdem er mit diesen Vorwürfen in der Regierungspressekonferenz konfrontiert wurde, sagte Außenamtssprecher Burger: "Solche Versuche hat es natürlich nicht gegeben."

Kritik an der Haltung des Europäischen Rats und der Bundesregierung kam von der FDP. Deren Bundestagsabgeordneter Ulrich Lichte, der vergangene Woche für die Unterstützung der Resolution des Europarates geworben hatte, sagte auf Nachfrage, dass seine Fraktion den Kurs der USA, Großbritanniens, Kanadas und Uruguays teile, Juan Guaidó in Form der Institutionellen Kontinuität als Interimspräsidenten weiterhin anzuerkennen. "Die Haltung der Bundesregierung und des EU-Rats teilen wir also nicht", sagte Lichte gegenüber amerika21.