Brasilien: Zivilgesellschaftliche Gruppen prangern Verletzungen des Informationsrechts an

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Bei der virtuellen Sitzung der CIDH am 6. Oktober standen Verletzungen im Bereich Informationsrecht in Brasilien auf der Tagesordnung
Bei der virtuellen Sitzung der CIDH am 6. Oktober standen Verletzungen im Bereich Informationsrecht in Brasilien auf der Tagesordnung

Brasília. 14 brasilianische und internationale Organisationen haben bei der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) Verletzungen im Bereich Informationsrecht seitens der Regierung von Präsident Jair Bolsonaro angeprangert. Der Mangel an Transparenz habe sich während der Corona-Pandemie weiter verstärkt. Dies führe zu Grundrechtsverletzungen, erklärten sie bei einer virtuellen Sitzung mit Pedro Vaca, dem Sonderberichterstatter der CIDH für freie Meinungsäußerung. Einen ausführlichen Bericht mit den entsprechenden Daten und Untersuchungsergebnissen legten sie der Kommission vor.

Während der Pandemie habe die Regierung sozialen Gruppen wie Indigenen, Frauen, Schwarzen, Kindern, Jugendlichen, Favelabewohnern und LGBTQI+ "das Recht auf Zugang zu verlässlichen Informationen vorenthalten". Die Rechte dieser Gruppen auf Bildung, Gesundheit und freie Meinungsäußerung seien damit "ernsthaft verletzt" worden.

Das Problem sei nicht Inkompetenz oder mangelnde Planung der Regierung, sondern eine bewusste Strategie, Informationen zurückzuhalten. So habe das Gesundheitsministerium beispielsweise Daten über die Anzahl der Menschen, die mit Covid-19 infiziert und an den Folgen verstorben sind, nur verzögert veröffentlicht. "Das Coronavirus hat die Bevölkerungen, die in den Peripherien leben und die Schwarze Bevölkerung, die Quilombolas, hart getroffen. Und es gibt keine Daten. Deshalb nennen wir es einen 'Informations-Blackout'", sagte Ana Flávia Marx, Direktorin des Zentrums für alternative Medienstudien Barão de Itararé in São Paulo. Marx ist eine der Vertreterinnen des zivilgesellschaftlichen Zusammenschlusses.

Den Vorwurf, die brasilianische Regierung enthalte im Zusammenhang mit Covid-19 Informationen vor, erhebt auch Cláudio Maierovitch vom Forschungsinstitut Fiocruz: Präsident Bolsonaro versuche, die Bevölkerung zu verwirren, indem er Daten zurückhalte, um "die Wahrheit zu verbergen".

Ein weiterer Themenschwerpunkt bei der virtuellen Sitzung war, dass die Regierung Urheberin von Desinformationskampagnen sei und zudem verantwortlich für Angriffe auf Journalisten. Laut Marx sind die "ständigen Attacken" Bolsonaros gegen die Presse für seine Anhänger eine Ermutigung, das Gleiche zu tun.

Auch der ungleiche Internetzugang wurde angesprochen. Aufgrund der Pandemie seien Millionen Kinder und Jugendliche der staatlichen Schulen benachteiligt, weil sie keinen Zugang zu digitalen Inhalten und virtuellen Klassen haben.

Neben den Zentrum für alternative Medienstudien beteiligen sich Journalisten, Gewerkschafts- und Indigenenverbände, Menschenrechtsorganisationen und weitere Nichtregierungsorganisationen an der Klage.