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Einzelhandel und Transport in Kuba gehen in den "Shutdown"

Supermärkte verkaufen nun nur noch Lebensmittel und Hygieneartikel. Onlinehandel soll rasch ausgebaut werden. Öffentlicher Nah- und Fernverkehr eingestellt

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Mit äußerster Vorsicht wird weiter in der Lebensmittelverteilung gearbeitet
Mit äußerster Vorsicht wird weiter in der Lebensmittelverteilung gearbeitet

Havanna. Die Anzahl der Covid-19 Erkrankten auf Kuba steigt weiter. Die langen Schlangen vor den Geschäften gelten als eines der Hauptprobleme bei der Verhinderung von Neuinfektionen. Jetzt hat die Regierung mit neuen Maßnahmen reagiert, die den Einzelhandel und Transportsektor betreffen. Beide Bereiche haben seit Freitag auf eine Art Notbetrieb umgestellt, der den Kontakt im öffentlichen Raum drastisch reduzieren soll.

Bis zum 12. April wurden auf Kuba insgesamt 669 Personen positiv auf das neuartige Coronavirus getestet, 18 sind an den Folgen des Virus gestorben, 92 sind genesen. 2.302 Patienten wurden zur klinischen epidemiologischen Überwachung in Krankenhäuser eingewiesen. Weitere 8.348 Personen werden zu Hause durch Mitarbeiter der medizinischen Grundversorgung überwacht. Die Anzahl der durchgeführten PCR-Tests konnte seit einer Woche auf nun durchschnittlich über 1.000 pro Tag gesteigert werden.

Unterdessen beteiligt sich Kuba an der weltweiten Forschung zur Entwicklung eines Impfstoffs gegen das SARS-CoV-2-Virus. Derzeit würden vier mögliche Impfstoff-Designs erarbeitet, die "zügig" an Tieren getestet werden sollen, erklärte der Leiter des staatlichen Pharmakonzerns Biocubafarma, Eduardo Martínez Díaz.

Der Höhepunkt der Infektionen wird auf der Insel für die erste Maihälfte erwartet. Während beim mittleren Szenario von 2.000 Fällen ausgegangen wird, sind es im "worst-case" etwa 4.500. Zugrunde liegt die verschieden geglückte Umsetzung der bisherigen Maßnahmen samt der unten geschilderten Erweiterungen über einen Zeitraum von vier Monaten.

Supermärkte verkaufen nun nur noch Lebensmittel und Hygieneprodukte. Läden mit anderem Sortiment werden auf diese beiden Kategorien umstellen. Um die Verkäufe zu beschleunigen, werden einzelne Produkte zu Warenkörben zusammengefasst. Vereinzelt sollen in Havanna neue Verkaufsstellen auf der Straße und in den Betrieben eingerichtet werden. Die größten Supermärkte der Stadt sind seit Donnerstag geschlossen. Entsprechende Maßnahmen in anderen Provinzen werden zur Zeit geprüft.

Gastronomische Einrichtungen dürfen nur noch Essen zum Mitnehmen oder per Lieferung nach Hause anbieten und müssen um 20 Uhr schließen. Geschäfte, die bisher rund um die Uhr geöffnet haben, dürfen maximal zwölf Stunden öffnen.

Der Onlinehandel, der die Lager von 13 Läden mit der Plattform TuEnvio verbindet, soll schnell ausgebaut werden. Bargeldloses Bezahlen per Smartphone wird mit bis zu zehn Prozent Rabatt gefördert.

Der Öffentliche Nahverkehr wird landesweit eingestellt. Dies betrifft sowohl innerstädtische als auch regionale Bus- und Zugverbindungen. Private Transportdienstleister, deren Lizenz vorübergehend ausgesetzt ist, müssen während des Shutdowns keine Steuern bezahlen. Viele Arbeiter wurden inzwischen in die Ferien bzw. – wenn möglich – ins Home-Office geschickt. Wer noch zur Arbeit muss, wird per Werktransport befördert. Bereits Ende März wurde der Fernverkehr auf der Insel eingestellt.

Die Behörden versuchen, im Rahmen der Rückverfolgung von Infektionsketten lokale Hotspots auszumachen und gezielt einzudämmen. Zur Identifizierung der Risikozonen werden neben demographischen Angaben auch Bewegungsdaten von Mobiltelefonen ausgewertet. Nachdem zuvor bereits Teile von Havannas Stadtteil Vedado in "soziale Isolierung" gegangen sind, kam am Mittwoch ein weiteres Gebiet im Stadtteil Cerro hinzu. Dies bedeutet, dass der öffentliche Raum nur noch für Einkäufe und den Gang zur Arbeit betreten werden darf. Entsprechende Zonen dürfen nur noch über ausgewiesene Ein- und Ausgangsschleusen betreten oder verlassen werden. Es finden verstärkte Polizeikontrollen statt. Das Gebiet "Naranjal" in der Provinzhauptstadt Matanzas und die Gemeinde Gibara von Holguín stehen seit Donnerstag bzw Freitag unter strikter Quarantäne. Die Bewohner müssen ständig in ihren Wohnungen bleiben und werden über die staatlichen Massenorganisationen mit Lebensmittelpaketen versorgt.

Die Demonstration zum Internationalen Tag der Arbeit, an der in Havanna sonst rund 700.000 Menschen teilnehmen, wird dieses Jahr nicht stattfinden. Stattdessen soll es Online-Kundgebungen und andere Aktionen im Netz geben.