Brasilien / Politik

Bolsonaro nominiert Sohn als Botschafter von Brasilien in den USA

Regierung weist Vorwurf der Vetternwirtschaft von sich. Nominierung des Sohnes löst Panik in Botschaft aus. Brasilien plant Rechtsruck der UNO

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"Die Stimme, die die Diktatur preist, bringt die Stimme der Bürger zum Schweigen!" Abgeordnete erinnerten 2014 der Diktatur am Jahrestag des Putsches. Der damalige Abgeordnete und heutige Präsident, Jair Bolsonaro, und sein Sohn Eduardo ließen es sich nicht nehmen, das Gedenken zu stören
"Die Stimme, die die Diktatur preist, bringt die Stimme der Bürger zum Schweigen!" Abgeordnete erinnerten 2014 der Diktatur am Jahrestag des Putsches. Der damalige Abgeordnete und heutige Präsident, Jair Bolsonaro, und sein Sohn Eduardo ließen es sich nicht nehmen, das Gedenken zu stören

Brasília. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat seinen Sohn Eduardo für das Amt des Botschafters in Washington, USA, nominiert. Indem einer der wichtigsten Posten der Außenpolitik an den engen Regierungszirkel geht, rückt Brasilien noch enger an die USA heran.

Am Donnerstag legte Bolsonaro der Öffentlichkeit die Eignung des Sohnes für den Posten in einer Live-Ansprache auf Facebook dar. "Mein Sohn spricht Englisch und Spanisch. Er ist viel um die Welt gereist. Er genießt die Freundschaft zu den Söhnen des US-Präsidenten Donald Trump. Mein Sohn ist kein Abenteurer!". Ferner verwies er darauf, dass auch der letzte Außenminister, Aloysio Nunes Ferreira, kein ausgebildeter Diplomat gewesen sei. "Aber niemand hat da was gesagt", verteidigte der Präsident seine Entscheidung. Dass auch der Senat der Nominierung zustimmen muss, schob er noch hinterher.

Von der Senatsmehrheit ist unterdessen kein Widerspruch zu erwarten. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Nelsinho Trad, von der Zentrumspartei PSD, versicherte, sich für die Ernennung des Präsidentensohnes innerhalb der nächsten 45 Tage einzusetzen. Es seien nur rechtliche Formalitäten zu überwinden, so Trad. Auch der für Nominierungen an sich zuständige Außenminister Ernesto Araújo attestierte dem Vorschlag seine Unterstützung. "Die Nominierung wäre ein exzellentes Signal für die Beziehung zu den USA, die für uns außergewöhnlich wichtig ist", so Araújo.

Indes wies Eduardo Bolsonaro den Vorwurf von sich, er sei nur nominiert, weil er ein Sohn des Präsidenten ist. Stattdessen zeigte sich Bolsonaro Junior, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Abgeordnetenhauses ist, überzeugt, dass er dem Job aufgrund seiner "vielfachen Auslandserfahrungen" gewachsen sei. "Ich habe [in den USA] einen Austausch hinter mir; ich habe in den USA schon Hamburger gebraten, im kalten Maine an der Grenze zu Kanada. Im kalten Colorado, auf einem Berg, habe ich mein Englisch verbessert. Ich weiß, wie freundlich der Nordamerikaner Brasilianer empfängt. Das ist eine Aufgabe, die ich meistern kann. Dazu brauche ich aber die Unterstützung der anderen Botschaftsmitarbeiter", so der Präsidentensohn.

Botschaftsangehörige betrachten die Entsendung indes "mit Sorge bis hin zu Panik", berichtet die Zeitung Folha de São Paulo unter Berufung auf Diplomatenkreise. Diplomaten am Sitz der Vereinten Nationen (UN) in New York befürchten, dass die Entsendung Eduardo Bolsonaros nach Washington darauf abziele, maßgeblich Einfluss auf Brasiliens Diplomatie bei den UN zu nehmen. Insbesondere bei den Themen Menschenrechten, Umwelt, Gender, Ungleichheit und Indigenenschutz werde der "Aufpasser Eduardo" versuchen, Brasiliens bisherige, auf Kooperation und Minderheitenschutz fokussierte Außenpolitik zu beenden. Stattdessen werde er das Land noch mehr auf eine Linie mit den USA bringen, schreibt die Folha.

In dem Zuge gab Präsident Bolsonaro bekannt, für einen der 47 Sitze im UN-Menschenrechtsrat zu kandidieren. Brasilien unterstützt dabei einen radikalen Rechtsruck. "Der Fokus unserer Bewerbung liegt auf der Stärkung von Familienstrukturen sowie dem Verzicht der Erwähnung von Gender [bei der UNO]", gab er die neue Richtung vor.

Um den Botschaftsposten in den USA annehmen zu können, müsste Bolsonaro Junior von seinem Parlamentssitz zurücktreten. Dadurch würde er einige parlamentarische Vergünstigungen verlieren. Eine Verfassungsänderung soll Abhilfe schaffen. Ein Koalitionspartner hat bereits einen Antrag auf Gesetzesreform gestellt: Parlamentarier sollen demnach diplomatische Posten übernehmen können, ohne ihr Mandat zu verlieren.

Unklar ist derzeit jedoch, ob die Ernennung des eigenen Sohnes den Straftatbestand der Vetternwirtschaft erfüllt. Ein rasch erarbeitetes Rechtsgutachten des Präsidialamtes verweist auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Danach fallen Nominierungen ersten Grades, wie im Fall des Botschafters, nicht unter das Verbot der Vetternwirtschaft. Bolsonaro zeigte sich daher über alle Zweifel erhaben. "Einige behaupten, dass es Nepotismus ist. Aber nicht diese Funktion. Ich würde so etwas niemals machen".

Dem entgegen hat die Oppositionspartei, die sozialistische PSOL, bei der Bundesstaatsanwaltschaft (PGR) beantragt, die Rechtmäßigkeit und Eignung der Ernennung zu prüfen. Die linken Abgeordneten halten der Nominierung das "evidente Fehlen technischer Qualifikation für die Stelle" entgegen. Damit stelle die Nominierung einen "eklatanten Verstoß gegen die Verfassung dar", so der Antrag.

Der Botschafterposten ist seit drei Monaten unbesetzt. Bolsonaro hatte den letzten Botschafter Brasiliens in den USA, Sergio Amaral, im April abgesetzt, nachdem er sich beschwert hatte, dass wesentliche Landesvertreter ihn nicht ausreichend gegen seinen schlechten Ruf als autoritär und homophob geschützt hätten.