Gewalt gegen lesbische Frauen in Chile hoch

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Mehr als 100.000 Personen nahmen an einen LGBT-Protest in Santiago teil, darunter auch viele lesbische Frauen
Mehr als 100.000 Personen nahmen an einen LGBT-Protest in Santiago teil, darunter auch viele lesbische Frauen

Santiago. Eine aktuelle Umfrage der "Agrupación Lésbica Rompiendo el Silencio" hat ergeben, dass mehr als 70 Prozent der lesbischen Frauen in Chile schon einmal wegen ihrer sexuellen Orientierung auf der Straße belästigt worden sind. 99 Prozent der Befragten gaben an, keinerlei Unterstützung von öffentlichen Institutionen erhalten zu haben. Lesbische Frauen in Chile erleben täglich Diskriminierung und Gewalt.

Die 24-jährige Carolina Torres wurde im Februar dieses Jahres in der Hauptstadt Santiago von hinten angegriffen und auf den Kopf geschlagen, als sie sich mit ihrer Freundin auf dem Heimweg befand. Sie wurde mit einem Schädelbruch und inneren Blutungen ins Krankenhaus eingeliefert. Sie war bereits mehrfach von Fußball-Fans eines anderen Vereins beschimpft und angefeindet worden, weil sie sich männlich kleidete.

Besonders gefährlich ist es für lesbische Frauen in der Region Valparaíso. Die LGTBI-Community bezeichnet sie als "Rote Zone". Drei lesbische Frauen wurden hier ermordet. Eine von ihnen ist Nicole Saavedra. Im Juni protestieren Freunde, Familienangehörige und LGTBI-Organisationen drei Jahre nach ihrem Tod, um Gerechtigkeit zu fordern. Der misshandelte Körper von Nicole Saavedra war am 25. Juni 2016 tot in einem Stausee in Limache aufgefunden worden. Bis heute wurde niemand für das Verbrechen verhaftet.

Nicole Saavedra war "camiona". Der Begriff wurde einst als Beleidigung gegen lesbische oder bisexuelle Frauen verwendet, die sich offen männlich kleiden. Mittlerweile hat die Community den Begriff übernommen. Auch die 19-jährige María Pía Castro aus Olmué war "camiona". Sie wurde im Februar 2008 tot aufgefunden. Ihr Körper war so stark verbrannt, dass eine DNA-Analyse notwendig war, um sie zu identifizieren. 2017 wurde der Fall zu den Akten gelegt, verurteilt wurde niemand. Der letzte Mord an einer lesbischen Frau ereignete sich im März 2017, als der Körper der 23-jährigen Susana Sanhuenza in einer Mülltüte In San Felipe aufgefunden wurde, wo sie für eine Tierschutzorganisation arbeitete. Als sie gefunden wurde, war sie bereits eine Woche tot. Ihre Familie vermutet, dass ihr Arbeitskollege sie tötete, weil er in sie verliebt war, aber sie kein Interesse an ihm hatte.

In Chile gibt es ein Gesetz für Femizide, aber darunter fallen lediglich Morde an Frauen durch Männer, mit denen sie in einer Beziehung sind oder waren. Die Morde an lesbischen Frauen zählen nicht als Femizide. Deshalb fordern Organisationen die Überarbeitung des Gesetzes.

Gegen die Gewalt an LGTB und für mehr Rechte protestierten am 22. Juni dieses Jahres über 100.000 Menschen in Chiles Hauptstadt Santiago. Rolando Jiménez, der Sprecher der Organisation Movimiento de Integración y Liberación Homosexual (Movilh) wies darauf hin, das Angriffe auf LGTB in Chile um 1.500 Prozent und Morde um 50 Prozent zugenommen hätten. Seit 2002 habe es 44 Todesopfer gegeben. Für den 9. Juli ist der "Marcha Visibilidad Lésbica", der Protestmarsch für Lesbische Sichtbarkeit, geplant.