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Reform in Brasilien soll Gelder für arme Rentner und Menschen mit Behinderungen kürzen

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"Generalstreik zur Verteidigung der Altersversorgung" in Brasilien
"Generalstreik zur Verteidigung der Altersversorgung" in Brasilien

Brasília. Um das Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen, plant Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro eine äußerst umstrittene Rentenreform.

Vor wenigen Tagen hat die Äußerung des Präsidenten auf Twitter sozial schwache Rentner und Menschen mit Behinderungen, die eine Bonus-Rente erhalten, in zusätzliche Besorgnis gestürzt. Bolsonaro kündigte an, dass diese Sonderzahlung ab dem 25. Juni ausgesetzt werden soll. Es sei denn, das Parlament befürworte bis dahin einen Zusatzkredit für die Regierung über 66 Milliarden US-Dollar. Ohne diesen Kredit würden auch weitere Sozialprogramme in den nächsten Monaten nicht finanzierbar sein. Beihilfen wie die "Bolsa Familia" und Gelder für das nationale Programm für die Unterstützung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft könnten dann nicht ausgezahlt werden.

Das Parlament hat seine Entscheidung über die Aufnahme des Kredits jedoch diese Woche vertagt.

Am Freitag legte ein Generalstreik Teile des öffentlichen Lebens im Land lahm. Die Gewerkschaften hatten dazu aufgerufen. Ein Teil der Metrofahrer in São Paulo, Busfahrer und Lokführer, Arbeiter, Lehrer und Bankangestellte legten in 21 Bundesstaaten ihre Arbeit nieder. Sie protestierten auf der Straße gegen die Rentenreform oder blieben zu Hause. Im Mai hatte es bereits Massenproteste gegen den Kahlschlag der Regierung im Bildungssektor gegeben, dabei wurde die Rücknahme der Einsparungen von über 30 Prozent der Verwaltungsausgaben im Bildungsbereich gefordert.

Aktuelle Enthüllungen auf der US-Plattform The Intercept bringen die Bolsonaro-Regierung zusätzlich in Bedrängnis: Am 25. Juni will der Oberste Gerichtshof des Landes über einen Antrag auf Freilassung des inhaftieren Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva beraten. Nach den an die Öffentlichkeit gelangten Dialogen zwischen Richter Sérgio Moro und einem der gegen Lula ermittelnden Staatsanwälte, stellt der Antrag die Unparteilichkeit des ehemaligen Richters und heutigen Justizministers infrage. Moro hatte Lula vor der Präsidentschaftswahl 2018 in einem fragwürdigen Verfahren zu einer hohen Gefängnisstrafe verurteilt. Die Verurteilung Lulas, einer Ikone der Linken und klarer Favorit, hat erst den Weg frei gemacht für den Wahlsieg des ultrarechten Präsidenten Bolsonaro.