Tegucigalpa. Wegen betrügerischer Machenschaften im Fall des Wasserkraftwerks "Agua Zarca" in Honduras wird 16 Angeklagten der Prozess gemacht. Am vergangenen Freitag ordnete ein Strafgerichtshof für Korruptionsfälle in Tegucigalpa Haft für den ehemaligen Geschäftsführer des Unternehmens Desarrollos Energéticos S.A (Desa), David Castillo Mejía, an. Mejía sitzt ohnehin wegen des Mordkomplottes gegen die Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres in Untersuchungshaft.
Die weiteren Angeklagten, darunter staatliche Funktionäre und Angestellte des Energieunternehmens ENEE, können den Prozess in Freiheit abwarten. Die Internationale Unterstützungsmission gegen Korruption und Straflosigkeit in Honduras (MACCIH) hatte im März gemeinsam mit der honduranischen Sonderstaatsanwaltschaft für Korruptionsdelikte UFECIC ihren neunten Fall unter dem Titel "Betrug am Gualcarque-Fluss" bekannt gegeben.
Den Angeklagten wird neben Betrug zugunsten der Desa auch Amtsmissbrauch und Dokumentenfälschung bei der Konzessionierung und den Genehmigungsverfahren für das Wasserkraftwerk "Agua Zarca" vorgeworfen. Die Ermittlungen gehen auf über 30 Anzeigen zurück, die Berta Cáceres zu Lebzeiten als Generalkoordinatorin der indigenen Lenca-Organisation Copinh gestellt hatte. In ihrer Pressemitteilung beschreibt die MACCIH, wie das betrügerische Handeln der Funktionäre im Fall "Agua Zarca" und anderen gleichartigen Projekten in hohem Maß dazu beigetragen habe, dass die staatliche Stromgesellschaft ENEE heute vor dem Bankrott steht.
Eine zentrale Rolle spielte im Fall "Agua Zarca" eine dritte Turbine. Sie sollte 2011 nach einer illegalen Umplanung zusätzlich geliefert werden, obwohl klar war, dass der Gualcarque-Fluß nicht genügend Wasser für ihren Betrieb führen würde. Dies hätte laut der Ermittler zu einer erheblichen zusätzlichen Preissteigerung des Projektes geführt, die mit regulären Strompreisen niemals hätte aufgefangen werden können. Turbinenlieferant war bis nach dem Ausstieg der europäischen Entwicklungsbanken FMO und Finnfund aus dem Projekt Mitte 2017 das Heidenheimer Unternehmen Voith Hydro, ein Joint Venture mit der Siemens AG.
Menschenrechtsorganisationen beklagen, dass der Betrugsprozess sich nur gegen eine mittlere Funktionärsebene und den ehemaligen Vize-Umweltminister richtet, nicht gegen Minister und nicht gegen die Eigentümer der Desa und Mitglieder der einflussreichen Unternehmerfamilie Atala Zablah. MACCIH-Sprecherin Ana María Calderón kündigte jedoch weitere Ermittlungen an.
Auch im bevorstehenden zweiten Mordprozess im Fall Berta Cáceres ist mit David Castillo nur ein weiterer Mittelsmann angeklagt, nicht aber die mutmaßlichen Geld- und Auftraggeber. Der Prozess gegen ihn soll am 24. April fortgesetzt werden. Internationale Beobachter äußern sich zunehmend besorgt darüber, dass das Urteil gegen die unmittelbaren Täter, das am 29.November 2018 gesprochen wurde, nach vier Monaten immer noch nicht rechtskräftig ist und bisher kein Strafmaß verkündet wurde. Copinh veröffentlichte mittlerweile eine Transkription des mündlichen Urteils. Das Gericht konstatierte damals einen klaren Zusammenhang zwischen dem von langer Hand geplanten Mord an Berta Cáceres in der Nacht vom 2. auf den 3. März 2016 und den Absichten der Desa, den Widerstand gegen das Kraftwerk "Agua Zarca" zu brechen.