Deutscher Botschafter in Venezuela unerwünscht, Maas beordert Diplomaten zurück

Deutschem Gesandten wird Einmischung in innere Angelegenheiten und Parteinahme für Extremisten vorgeworfen. Heiko Maas: "Unverständliche Entscheidung, die die Lage verschärft"

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Der deutsche Botschafter erklärt Medienvertretern am Montag bei Guaidós Rückkehr die Beweggründe der Diplomaten
Der deutsche Botschafter erklärt Medienvertretern am Montag bei Guaidós Rückkehr die Beweggründe der Diplomaten

Caracas. Die Regierung von Venezuela hat den deutschen Botschater in Caracas, Daniel Kriener, zur "persona non grata" erklärt und ihm 48 Stunden Zeit gegeben, das Land zu verlassen.

In dem Kommuniqué des venezolanischen Außenministeriums heißt es, Kriener werde "aufgrund seiner wiederholten Einmischungen in die inneren Angelegenheiten des Landes unter eindeutiger Verletzung der Normen der diplomatischen Beziehungen" ausgewiesen. Für Venezuela sei nicht hinnehmbar, dass auf seinem Territorium ein ausländischer Vertreter öffentlich eine Rolle einnehme, "die mehr einem politischen Führer in klarer Übereinstimmung mit der Verschwörungsagenda extremistischer Sektoren der venezolanischen Opposition entspricht".

Kriener hatte sich am vergangenen Montag an einem Empfangskomitee für den selbsternannten "Interimspräsidenten" Juan Guaidó beteiligt. Anwesend waren offenbar auch diplomatische Vertreter von Frankreich, den Niederlanden, Portugal, Rumänien, den USA und Kanada sowie von Argentinien, Brasilien, Chile, Ecuador und Peru. Sie erwarteten ihn bei seiner Rückkehr von einer Auslandsreise auf dem internationalen Flughafen in Maiquetía. Der Politiker von der rechten Partei Volkswille (Voluntad Popular), gegen den ein Strafverfahren wegen versuchter illegaler Übernahme der Regierungsgeschäfte anhängig ist, war am 23. Februar trotz eines Ausreiseverbotes in Kolumbien aufgetaucht. Später wurde diskutiert, ob er bei seiner Ankunft in Venezuela festgenommen wird.

Die Aktivitäten des deutschen Botschafters verstießen nicht nur gegen grundlegende Normen der diplomatischen Beziehungen, sondern stünden auch im Widerspruch zur "klaren Vorgabe" des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, so die venezolanische Regierung. Dieser hatte unlängst in einem Gutachten die gegen das südamerikanische Land verhängten Wirtschaftssanktionen und die Sperrung von Auslandsguthaben als potentiell völkerrechtswidrig eingestuft. In einer zweiten Expertise stellten die Juristen zudem fest, die Anerkennung Guaidós sei "unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der 'Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates' völkerrechtlich fragwürdig".

Der deutsche Botschafter äußerte sich am Montag auf dem Flughafen gegenüber TV Venezuela (TVV), dem US-amerikanischen Kanal mit "venezolanischer DNA", wie er sich vorstellt, der aus Miami über Kabel sendet und seine Nachrichten vor allem auch über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet. Bei der Übertragung von zwei Videos mit Kriener war am unteren Bildrand ein Aufruf der Opposition zu sehen, am 4. März gegen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro auf die Straße zu gehen. Der Botschafter, der als Sprecher der anwesenden Diplomaten auftrat, erklärte, man sei gekommen "damit es keine Zwischenfälle gibt" und um sicherzustellen, dass Guaidó zurückkehren, "sich an der Suche nach einem friedlichen Ausweg aus der Krise Venezuelas" beteiligen und seine Funktionen als Parlamentspräsident und Interimspräsident erfüllen" könne. Auf die Frage von TVV, ob die Europäische Union (EU) und Deutschland einen neuen Dialog in Venezuela befürworten, antwortete er, Deutschland setze sich wie alle Länder der EU dafür ein, dass es in Venezuela "freie Wahlen, freie Präsidentschaftswahlen in den nächsten Monaten gibt. Deshalb sind wir einverstanden und haben Guaidó als Interimspräsidenten anerkannt, um den politischen Prozess hier hin zu freien Wahlen zu führen." Ob andere Kräfte in Venezuela mit diesem Prozess einverstanden seien und welche Vorschläge es gebe, wisse er nicht.

Venezuelas Regierung betonte nun in ihrem Kommuniqué, das Land sei "unwiderruflich frei und unabhängig". Handlungen diplomatischer Vertreter, die "Eingriffe in Angelegenheiten der ausschließlichen Kompetenz des venezolanischen Volkes und der staatlichen Behörden darstellen" würden nicht zugelassen. Man wolle eine Beziehung des Respekts und der Zusammenarbeit zu allen Regierungen Europas aufrechterhalten. Dafür sei unerlässlich, dass sie eine Haltung konstruktiver Ausgewogenheit einnehmen, die, "statt einen putschistischen und gewalttätigen Kurs zu unterstützen, eine friedliche und verhandelte Lösung zwischen den politischen Akteuren Venezuelas befördert", heißt es abschließend.

Guaidó hingegen verteidigte Kriener. "Der deutsche Botschafter in Venezuela kann auf unsere uneingeschränkte Unterstützung und Anerkennung zählen", schrieb er auf Twitter. "Wir haben bezeugen können, dass er sich unserer Demokratie verpflichtet fühlt, unsere Verfassung respektiert und solidarisch mit dem venezolanischen Volk ist."

Deutschlands Außenminister Heiko Maas erklärte indes am Mittwochabend über den Kurznachrichtendienst Twitter, er habe entschieden, "unseren Botschafter zu Konsultationen zurück nach Hause zu rufen." Die Ausweisung nannte er "eine unverständliche Entscheidung, die die Lage verschärft und eben nicht entspannt. Unsere Unterstützung für Guaidó ist ungebrochen". Der Botschafter "leistet in Caracas, gerade in den letzten Tagen, hervorragende Arbeit", so Maas.

Die deutsche Regierung hatte Guaidó am 4. Februar, knapp zwei Wochen nach seiner Selbsternennung, als "Interimspräsidenten" anerkannt. Zuvor hatte die EU Präsident Maduro ein Ultimatum von acht Tagen zur Ausrufung von Präsidentschaftswahlen gestellt. Nachdem dies verstrichen war, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Bis gestern ist keine Wahl für eine Präsidentschaft ausgerufen worden. Deshalb ist jetzt Juan Guaidó die Person, mit der wir darüber reden und von der wir erwarten, dass sie einen Wahlprozess möglichst schnell initiiert."