Kolumbien: Internationales Drängen auf Schutz von Aktivisten

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Die Interamerikanische Menschenrechtskommission bei ihrer Sitzung am vergangenen Dienstag in Washington
Die Interamerikanische Menschenrechtskommission bei ihrer Sitzung am vergangenen Dienstag in Washington

Washington/Brüssel. Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (CIDH) hat die kolumbianische Regierung zum Schutz von sozialen Aktivisten aufgerufen. In einem öffentlichen Schreiben fordert sie die Verantwortlichen zu "dringenden Maßnahmen" zum effektiven Schutz der Unversehrtheit von Mitgliedern sozialer Bewegungen und Menschenrechtsorganisationen auf. Hintergrund ist die hohe und sogar ansteigende Zahl Ermordeter in den vergangenen Monaten.

Das zur Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) gehörende unabhängige Organ mit Sitz in Washington sprach von einer "beunruhigenden Situation", angesichts derer sorgfältige Ermittlungen angestrengt werden müssten. Dabei betont das Schreiben, dass die Morde gesamtheitlich, also unter Berücksichtigung der von den Opfern ausgeübten Menschenrechtsaktivitäten, untersucht werden müssten.

Die Anzahl bedrohter und ermordeter Aktivisten sozialer Organisationen ist in Kolumbien anhaltend hoch und seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen Regierung und Farc-Guerilla sogar noch weiter gestiegen. Zwischen Januar 2017 und Februar 2018 wurden mindestens 121 ermordet. Bei ihnen handelt es sich zu einem großen Teil um Menschen, die sich für die Umsetzung der im Friedensvertrag vereinbarten Landreformen einsetzen. Besonders betroffen sind zudem Angehörige der indigenen und afrokolumbianischen Bevölkerung.

Allein für die ersten zwei Monate dieses Jahres zählte die nationale Ombudsstelle 22 Morde und im Januar wurden über 140 Mitglieder sozialer Organisationen bedroht. Es kam zu mindestens 1.400 gewaltsamen Vertreibungen. Angesichts dieser Zahlen betonte Francisco Eguiguren, Beauftragter für die Rechte von Menschenrechtsverteidigern bei der CIDH: "Diese Situation und der einschüchternde Effekt, den diese Morde in einigen Teilen des Landes und der Gesellschaft Kolumbiens allgemein haben, beunruhigen uns sehr."

Auch eine Gruppe von 27 Abgeordneten des Europaparlaments in Brüssel drückte in einem offenen Brief an die kolumbianische Regierung ihre Besorgnis über diese Lage aus. Dabei wird explizit auch die Verfolgung von Umweltaktivisten thematisiert und der Umstand betont, dass es sich bei Kolumbien um das weltweit gefährlichste Land für die Ausübung von Menschenrechtsarbeit handelt. Die Verbrechen hätten verhindert werden können, dafür fehlten jedoch einerseits wirksame Programme zum Schutz der Aktivisten und andererseits eine konsequente Verfolgung der Verantwortlichen und die damit einhergehende Straffreiheit, heißt es weiter in dem Schreiben, das Amerika21 vorliegt.

Zudem existiere weiterhin eine Verbindung zwischen mächtigen Akteuren in den zuständigen Behörden, politischen und wirtschaftlichen Eliten und den Nachfolgeorganisationen des Paramilitarismus. Für einen stabilen und gerechten Frieden sei es besonders wichtig, dass sich die Ermittlungen nicht nur auf die direkten Verantwortlichen konzentrierten. "Es ist unabdingbar, dass die intellektuellen Autoren sowie die Nutznießenden benannt und bestraft werden", so die Autoren des offenen Briefs.