Regierung in Guatemala führt Gespräche mit Vertriebenengemeinden

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Eine vertriebene Familie übernachtet die dritte Nacht vor dem Präsidentenpalast von Guatemala
Eine vertriebene Familie übernachtet die dritte Nacht vor dem Präsidentenpalast von Guatemala

Guatemala-Stadt. Vertreter von Regierungsbehörden und Vertriebenengemeinden in Guatemala haben Gespräche vereinbart, um die Probleme der Binnenflüchtlinge in dem mittelamerikanischen Land zu lösen. Ein Runder Tisch soll ab diese Woche zweimonatlich zusammenkommen. Die Regierung reagierte damit auf eine Protestaktion, bei der rund 400 Vertriebene seit dem 27. November in einem Camp vor dem Präsidentenpalast in Guatemala-Stadt ausharrten und Lösungen im Landkonflikt forderten.

In der Pressekonferenz des Komitees der Bauern aus dem Altiplano (CCDA) erklärten die Delegierten, dass sich 50 Gemeinden mit dem Sekretariat für Agrarangelegenheiten, dem Landfonds, dem Nationalrat für Schutzgebiete, dem Katasteramt, der Präsidialkommission für Dialog und dem Vizepräsidenten Jafeth Cabrera darauf geeinigt haben, 56 Landkonflikte mittels eines Dialogs kurz- bis mittelfristig zu lösen. In drängenden Fällen sollen bereits vorbereitete Vertreibungen nicht durchgeführt, aus humanitären Gründen eine Rückkehr der schon vertriebenen Gemeinden in ihre Dörfer und die juristische Sicherheit für Land und Territorien von bäuerlichen und indigenen Gemeinden gewährleistet werden. Im Gegenzug zogen sich die Protestierenden zurück. Ein Sprecher der CCDA mahnte, dass sich die Gemeinden bei Nichterfüllung der Vereinbarungen erneut und heftiger zur Wehr setzen würden.

Die Aktion vor dem Präsidentenpalast wurde von dem Komitee der Bauern aus dem Altiplano (CCDA) und vertriebenen Familien aus fünf Verwaltungsbezirken durchgeführt. Die Protestierenden klagten, dass die bäuerlichen und indigenen Gemeinden schon seit längerem ergebnislos mit hohen Regierungsfunktionären einen Dialog führen, um Lösungen für die Landfrage um Agrar-, Bergbau- und Wasserkraftprojekte zu finden. Über tausend Gemeinden verfügten über keine Rechtstitel für Land, auf dem sie schon seit Jahrzehnten leben.

Die Vertreibungen führen zu einer humanitären Katastrophe für tausende Familien. Ihnen wurde verwehrt, ihre Tiere und Lebensmittel mitzunehmen. Zudem seien für hunderte indigene Anführer Haftbefehle ausgestellt wurden. Dutzende seien in Haft, weil sie sich für die Anerkennung ihrer Landrechte einsetzen, erklärt Alfredo Cu, der schon fünf Mal durch Polizei und Militär aus seiner Gemeinde Nueva Libertad vertrieben wurde.

In diesem Jahr waren bereits über 1.043 Familien in Guatemala von Vertreibungen betroffen, zuletzt kam es zu solchen Fällen Anfang November. Meist sind Großgrundbesitzer dafür verantwortlich, die das Land beanspruchen.

In der Regel wurden die Menschen frühmorgens von einem großen Polizei- und Militärkontingent aufgefordert, ihre Häuser innerhalb maximal einer Stunde zu verlassen. Währenddessen zerstörten und brannten oftmals Angestellte der Großgrundbesitzer die Häuser und Felder ab, heißt es in Augenzeugenberichten. Viele Betroffene flüchteten nur wenige Dutzend Kilometer weit, ließen sich dort in Zelten und Baracken nieder oder kamen in Nachbargemeinden unter.

Internationale Organisationen wie die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) und das Hochkommissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen fordern die guatemaltekische Regierung seit längerem auf, Normen und internationale Standards der Menschenrechte zu erfüllen und der vertriebenen Bevölkerung Lösungen anzubieten. Vor zwei Monaten hat die CIDH Schutzmaßnahmen für die vor sechs Monaten vertriebene Gemeinde Laguna Larga im Departement Petén angeordnet. Die guatemaltekische Regierung ist dieser Aufforderung bis heute nicht nachgekommen.