Brasilien / Politik

Stimmenkauf in Brasilien zur Absetzung Rousseffs

Kronzeuge bestätigt Bestechung von Abgeordneten für Abwahl von Präsidentin Rousseff. De-facto-Präsident Temer und Partei PMDB belastet

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Wurde im April dieses Jahre zu 15 Jahren Haft verurteilt: Der frühere Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Eduardo Cunha
Wurde im April dieses Jahre zu 15 Jahren Haft verurteilt: Der frühere Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Eduardo Cunha

Brasília. In einer Kronzeugenaussage gegenüber der Bundesanwaltschaft (PGR) hat der in Haft sitzende frühere Finanzverwalter der brasilianischen Regierungspartei PMDB, Lúcio Funaro, eingestanden, dass er im Jahr 2016 eine Million Reais an hochrangige Politiker der PMDB übergeben hat. Das Geld habe dazu gedient, um Abgeordnete gegen die damals gestürzte Präsidentin Dilma Rousseff in Stellung zu bringen. Dies geht aus den Aufzeichnungen hervor, die von der Tageszeitung Folha de São Paulo veröffentlicht wurden. Für seine Aussage soll die Strafe Funaros auf zwei Jahre begrenzt werden. Ihm werden unter anderem Korruption und Bestechung vorgeworfen.

In seiner Aussage bekräftigte Funaro, dass die Million Reais explizit dafür gebraucht wurde, um Stimmen für das Amtsenthebungsverfahren gegen die damalige Präsidentin Dilma Rousseff zu kaufen. Dafür erhielt er Tage vor der Abstimmung über die Amtsenthebung am 17. April 2016 eine Nachricht des damaligen Präsidenten des Abgeordnetenhauses und Gegenspieler von Rousseff, Eduardo Cunha. Dieser soll ihn gefragt haben, wie viel Geld er flüssig machen könne, um Stimmen für die Absetzung zu kaufen. Funaro stellte nach eigenen Angaben die Million Reais in Aussicht.

Eine Woche nach dem vom Parlament eingeleiteten Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff habe Funaro begonnen, Geld an Cunha zu senden, damit dieser seine "Abmachungen begleichen konnte", heißt es im Geständnis.

Den früheren Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Cunha, beschrieb Funaro als den Kopf der Korruption im Parlament. "Eduardo (Cunha) funktionierte wie eine Korruptionsbank der Politiker. Wenn jemand Geld brauchte, hat er Cunha darum gebeten, der das in die Wege leitete. Im Gegenzug bestimmte er (Cunha) über das Mandat des Abgeordneten", so Funaro.

In der Aussage gegenüber der Bundesstaatsanwaltschaft zeigte sich Lúcio Funaro überzeugt davon, dass ein Teil der Bestechungsgelder, die Eduardo Cunha verwaltete, für den damaligen Vize-Präsidenten Michel Temer bestimmt waren. "Ich selbst habe nie Geld (an Temer) ausgehändigt. Aber Altair (Alves Pinto, ein Gesandter Cunhas) muss es übergeben haben. (…) Denn Altair meinte des Öfteren, dass er Geld an Michel (Temer) übergeben muss", so Funaro in den Video-Bändern.

Temer soll nie persönlich das Geld abgeholt habe, so der Kronzeuge weiter. "Er hatte Angst sich zu zeigen. Aber der Präsident hatte Kenntnis der Fakten", so die Aussage des Inhaftierten.

Temer und Cunha bestreiten jeweils die Vorwürfe. Drahtzieher Cunha wies per Mitteilung die Anschuldigungen Funaros auf das Schärfste zurück. Es handele sich um Behauptungen ohne Beweise, so Cunha, der seit Oktober 2016 in Haft sitzt und im März 2017 wegen Bestechung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung zu 15 Jahren Gefängnisstrafe verurteilt wurde.

In einer Pressemitteilung des Präsidentenpalastes heißt es, dass "jedwede Behauptung in dieser Richtung falsch ist". Währenddessen tagte zum wiederholten Mal der Ausschuss für Verfassung und Justiz des Abgeordnetenhauses, um über eine Klage gegen De-facto-Präsident Temer zu beraten. Temer wird die Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung sowie Behinderung der Justiz vorgeworfen. Er soll versucht haben, nach Cunhas Festnahme dessen Schweigen zu erkaufen. Der Ausschuss lehnte den Antrag auf Eröffnung eines Verfahrens durch den Obersten Gerichtshof mit 39 zu 26 Stimmen ab.