Berlin. In den Tagen unmittelbar vor den Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung in Venezuela und in der Bewertung der Ergebnisse ist in den internationale Medien erneut eine Zahl über die informelle Abstimmung verbreitet worden, die das rechtsgerichtete venezolanische Oppositionsbündnis Tisch der Demokratischen Einheit (MUD) vor zwei Wochen organisiert hatte.
Der MUD verkündete nach einer Unterschriftensammlung im In- und Ausland eine Ablehnung der Regierung von Präsident Nicolás Maduro und der Wahl zu einem Verfassungskonvent mit etwa 7,5 Millionen Stimmen.
Diese Zahl findet sich in internationalen Medien, im deutschsprachigen Raum beispielsweise in ARD und ZDF, Deutschlandfunk, Focus, Taz, RT.Deutsch, Neues Deutschland oder im österreichischen Kurier ebenso wie in der schweizerischen NZZ als Gewichtung mutmaßlicher "Gegenstimmen". Zahlreiche weitere Medien haben die MUD-Angaben von der deutschen Presseagentur DPA übernommen.
Das Oppositionsbündnis hatte seine Abstimmung am 16. Juli ausdrücklich außerhalb der Regularien der venezolanischen Wahlbehörde CNE und der damit verbundenen Verifizierbarkeit organisiert. Aber auch eine alternative Möglichkeit der Überprüfbarkeit ist nicht angestrebt geworden.
Mitglieder und Anhänger des Parteienbündnisses richteten im ganzen Land und weltweit Orte für die Abgabe von Unterschrifen ein. Der oppositionelle Parlamentspräsident und einer der führenden Persönlichkeiten im MUD, Julio Borges, erklärte drei Tage vor der Unterschriftensammlung über seinen Twitter-Account, "alle volljährigen Venezolaner, ob beim CNE registriert oder nicht, ob mit gültigem Ausweis oder ohne, können an der Volksbefragung teilnehmen".
Die erklärte Öffnung der Aktion für mehrfache Abstimmungen oder für Voten erfundener Personen hat eine Kontrolle der als Referendum deklarierten Kampagne ausgeschlossen. Zudem vernichtete der MUD einen Tag später alle Unterschriften mit der Begründung, Repressalien verhindern zu wollen.
Die verkündeten internationalen Ergebnisse ließen ebenfalls aufhorchen: Der MUD reklamierte 693.789 außerhalb des Landes im Sinne seiner Befragung abgegebene Stimmen. Allerdings waren in den letzten Jahren im Wahlregister Venezuelas als im Ausland lebende venezolanische Stimmberechtigte bei den zuständigen diplomatischen Vertretungen nur etwa 102.000 Personen eingetragen.