Vertreterinnen von Kleinbauern diskutieren in Berlin Folgen von Palmölanbau

oelpalme.jpg

Ölpalme
Ölpalme

Berlin. Um energiepolitisch unabhängiger zu werden und um Kleinbauern in den Markt zu integrieren, hat die brasilianische Regierung unter dem damaligen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva 2005 ein Förderprogramm gestartet, mit dem der Anbau von Palmöl vorangetrieben werden sollte. Am vergangenen Montag zogen Gäste der Diskussionsrunde "Interessenkonflikte zwischen Agrarindustrie und kleinbäuerlicher Landwirtschaft" am Ibero-Amerikanischen-Institut Berlin ein ernüchterndes Fazit. Insgesamt sei die kleinbäuerliche Landwirtschaft durch das staatliche Förderprogramm noch mehr ins Abseits geraten. Die Landfrage, die hohe Konzentration von Land, ist "auch unter den PT-geführten Regierungen nicht entschärft" worden, so Maria Backhouse von der Uni Jena, die seit Jahren zum brasilianischen Palmölsektor forscht.

Die steigende Nachfrage nach Biodiesel weltweit, insbesondere aber auch in Brasilien, erhöhten den Bedarf an Palmöl, das Biodiesel beigemischt wird. Dieses energiepolitische Ziel verknüpfte die linksgerichtete Arbeiterpartei PT Mitte 2000 mit dem Vorhaben, Kleinbauern ein weiteres wirtschaftliches Standbein zu ermöglichen und sie dauerhaft in die regionalen Märkte zu integrieren. Ein staatliches Förderprogramm stellte günstige Kredite für eine teilweise Umstellung der Produktion von herkömmlichen Erzeugnissen, vor allem Grundnahrungsmitteln, auf Palmöl zur Verfügung. Verträge mit Unternehmen aus dem Energiesektor regelten die Abnahme der Produktion.

Doch diese Verträge seien wie ein "Trojanisches Pferd für die Kleinbauern", warnte Aldebaran Moura, Projektleiterin bei der brasilianischen Organisation FASE. Denn die Anbaubedingungen sowie der Einsatz von Pestiziden und Düngemittel würden sehr genau von den Unternehmen vorgegeben und Verstöße geahndet. Der arbeitsintensive Anbau übersteige häufig die Kapazitäten der Kleinbauern und der notwendige Einsatz von Chemikalien beeinträchtige andere Pflanzungen und setze dem Grundwasser zu, fasste Moura die Gefahren zusammen. Die Bauern verpflichteten sich für mindestens 20 Jahre zur Produktion und zum Verkauf eines festen Ertrags an die Palmölindustrie. "Fällt eine Ernte geringer aus und sie können nicht liefern, stehen viele bei den Unternehmen in der Schuld", so Moura. Zusätzlich erschweren geringere Einnahmen die Kreditzahlungen. Ein Teufelskreis beginne, der häufig durch Verkauf von Teilflächen und einer abermals höheren Abhängigkeit von den Abnehmern zementiert wird.

Benedita Carvalho, Kleinbäuerin aus dem Bundestaat Pará und Präsidentin der lokalen Landarbeitergewerkschaft "Igarapé Miri", setzt auf eine Diversifizierung der Anbauprodukte. Schutz vor Verarmung biete, Früchte der Region anzubauen und selbst zu vermarkten.Im Rahmen ihrer Arbeit als Gewerkschafterin sei es gelungen, immer mehr Menschen in der Region davon abzuhalten, sich als "Vertragsbauern an die Konzerne zu binden". Diese Verträge machten aus dem Vorhaben "unter dem Schnitt ein Förderprogramm für die Agrarindustrie", konstatierte Backhouse.

Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit zwischen dem Ibero-Amerikanisches Institut, dem Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL) e.V. und der Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt (ASW) e.V. statt.

Wenn Sie über diesen Artikel mitdiskutieren wollen, nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion auf unserer Facebook-Seite oder folgen Sie einfach diesem Link