Experten fordern Anti-Folter-Gesetz für Mexiko ein

Mexiko-Stadt. Menschenrechtsexperten haben die Regierung in Mexiko zur raschen Verabschiedung eines Gesetzes aufgefordert, das Folter verbietet und unter Strafe stellt. Der mexikanische Senat hatte schon Ende April einen Gesetzesvorschlag verabschiedet, der Folter sowie grausame, unmenschliche oder demütigende Behandlung durch alle staatlichen Stellen untersagt. Die Experten mahnten nun an, das "Ley general contra la tortura" umgehend zu beschließen.

Wie der lateinamerikanische Fernsehsender Telesur berichtete, haben die mehrheitlich akademischen Menschenrechtsexperten die Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto zudem aufgefordert, von größeren Änderungen des Gesetzentwurfs abzusehen. Der derzeit zur Debatte stehende Text garantiere ein Mindestmaß an Folterschutz. "Wenn es Änderungen geben sollte, dann sollten sie den Text höchstens durch bislang noch nicht erwähnte Standards ergänzen", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Verbesserungsvorschläge, die zuvor vom Menschenrechtsprogramm der Nationalen Autonomen Universität Mexikos (UNAM) vorgebracht worden waren, hatte die Regierung Peña Nieto abgelehnt.

Nach Erhebungen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International ist die Zahl von Folter und Misshandlungen in Mexiko im vergangenen Jahrzehnt um 600 Prozent gestiegen. Nichtregierungsorganisationen fordern seit Jahren eine grundlegende Reform der Untersuchung von Fällen mutmaßlicher Misshandlungen sowie die Anerkennung international anerkannter Standards wie des Istanbul-Protokolls.

Dem Senatsbeschluss im Frühling war ein landesweiter Skandal vorausgegangen: Ein Video zeigte, wie im Februar 2015 eine Zivilistin im Bundesstaat Guerrero von drei Bundespolizisten und einem Soldaten gefoltert wurde. Der kurz darauf verabschiedete Gesetzesvorschlag macht künftig auch jene Täter für Folter oder andere Misshandlungen verantwortlich, die im Auftrag von Vorgesetzten handeln. Außerdem entfallen die bisher geltenden Ausnahmesituationen für das Folterverbot: Krieg, bewaffnete Konflikte sowie eine vorübergehende Aufhebung von Bürgerrechten. Auch was die Verfolgung von Foltervorwürfen betrifft, bringt das neue Gesetz Verbesserungen: So sollen künftig alle Folterdelikte strafrechtlich verfolgt werden und keinerlei Amnestien, Immunitäten oder ähnliche Schutzmaßnahmen für die mutmaßlichen Täter gelten.

Laut Staatsanwaltschaft wurden in Mexiko seit 2007 insgesamt 370 Foltervorwürfe untersucht, die Vorwürfe betrafen mehrheitlich Soldaten oder Bundespolizisten.

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