Kuba / Politik

Kubas Kommunisten beraten weitere Reformen und Generationswechsel

KP Kubas beginnt 7. Parteitag. Debatte über Privateigentum. Kritik an der Parteibasis über mangelnde Diskussion der Inhalte der Tagung

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Logo des 7. Parteitags der PCC
Logo des 7. Parteitags der PCC

Havanna. In Kuba beginnt am heutigen Samstag der 7. Parteitag der Kommunistischen Partei (PCC). "Die Funktion der Partei ist es zu orientieren", war am vergangenen Mittwoch auf der Titelseite der kubanische Tageszeitung Granma zu lesen. Im Vorfeld des 7. Kongresses der PCC präsentiert Granma ihren Lesern täglich historische Zitate Fidel Castros über die Bedeutung der Partei in der Revolution. Viele Parteimitglieder fühlen sich derzeit aber eher desorientiert. Worüber in den vier Tagen des vielleicht wichtigsten Kongresses seit Gründung der PCC im Jahr 1965 gesprochen werden wird, ist aber so gut wie nicht bekannt. Vor dem letzten Parteikongress 2011 waren die sogenannten Lineamentos, die Leitlinien für die Reformvorhaben, die von der kubanischen Regierung "Aktualisierung des sozialistischen Modells" genannt werden, in Tausenden Nachbarschafts- und Betriebsversammlungen von einer breiten Öffentlichkeit diskutiert worden. Dieses Mal erhielten noch nicht einmal die rund 700.000 Parteimitglieder Zugang zu den zu diskutierenden Dokumenten. Allein die 1.000 Delegierten des Kongresses, von denen 43,2 Prozent Frauen sind, und rund 3.500 Amtsträger sowie andere Berufene hatten Einblick.

Das sorgte im Vorfeld für Unmut an der Basis. Francisco Rodríguez, Informationsdirektor der Gewerkschaftszeitung "Trabajadores" und Mitglied der PCC, schrieb einen Offenen Brief an Präsident Raúl Castro, in dem er seine Zweifel an dem Prozedere der Debatte äußerte: "Im Wesentlichen beruht meine Unzufriedenheit im Fehlen einer Diskussion der zentralen – bis heute geheimen – Dokumente, sowohl in den Basisorganisationen der Partei sowie im Rest der Bevölkerung, was ich öffentlich als einen Rückschritt gegenüber vorherigen politischen Prozessen bezeichnet habe." Andere Mitglieder und Nichtmitglieder der Partei äußerten sich in Internetforen ähnlich. "Die Parteibasis ist verärgert und das zu Recht. Ohne Zweifel haben wir in der innerparteilichen Demokratie einen Schritt zurück gemacht, denn wir haben die Parteibasis, die unseren täglichen Problemen entgegentritt und überwindet, außen vor gelassen", schrieb der Politologe Esteban Morales, ebenfalls Mitglied der PCC, in seinem Blog.

Die Parteizeitung Granma griff die "berechtigte" Kritik auf, argumentierte aber, dass eine breitere Diskussion nicht vonnöten sei, da der 7. Parteikongress gewissermaßen eine Fortführung des vorherigen sei, als die Leitlinien für die stattfindenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen beschlossen wurden. Laut Granma geht es auf dem Kongress um sechs Grundsatzdokumente: eine Evaluierung der bisherigen Reformen und der wirtschaftlichen Entwicklung sowie die Ausrichtung in den kommenden Jahren. Vor allem die künftige Rolle von Privateigentum in der Wirtschaft sollte bestimmt werden. Die kubanische Regierung hat zwar wiederholt klargestellt, dass sie an einer staatlichen Kontrolle und Zentralisierung der Wirtschaft festzuhalten gedenkt, die Grenzen sind aber unklar, ebenso die Beziehung zwischen Staat und wachsender Privatwirtschaft.

Dramatische Reformen sind allerdings nicht zu erwarten, es gilt weiter Raúl Castros Spruch: "Ohne Eile, aber ohne Pause". Die Frage ist, ob alle die Geduld aufbringen. Zwar hat der seit anderthalb Jahren laufende Annäherungsprozess mit den USA zusammen mit den angestoßenen Maßnahmen wie unter anderem die Ausweitung der "Arbeit auf eigene Rechnung", die Schaffung privater Kooperativen, das Gesetz für ausländische Investitionen für eine neue wirtschaftliche Dynamik gesorgt. Von den 313 Leitlinien wurden laut Granma bisher aber gerade einmal ein gutes Fünftel umgesetzt. Auch die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der USA ist weiter in Takt. Vor allem der Tourismussektor boomt, ständig werden neue Besucherrekorde vermeldet. Gleiches gilt für einige Bereiche der Privatwirtschaft, vor allem jene, die direkt oder indirekt mit dem Tourismus verbunden sind, wie Restaurants, Bars, Taxigewerbe. Weite Teile der Bevölkerung und außerhalb der touristischen Zentren des Landes erfahren aber auch fünf Jahre nach dem Parteikongress kaum etwas von einer Verbesserung ihrer Lebensumstände. Sie kämpfen weiter mit geringen staatlichen Einkommen und hohen Lebensmittel- und Konsumgüterpreisen. Vor allem junge, gut ausgebildete Leute verlassen daher in Scharen das Land oder denken darüber nach. Andere tauschen ihre staatlichen Akademikerjobs gegen Beschäftigungen im Tourismus- oder Gaststättengewerbe. Diesem Teil der Bevölkerung eine Perspektive zu bieten wird eine der dringendsten Aufgaben.

Wer diese Aufgaben angehen wird, auch das gehört zu den spannenden Fragen des Parteikongresses. Es dürfte der letzte sein, der von der historischen Generation der Revolution geleitet wird. Allgemein wird eine Verjüngung der Führungsstrukturen der Partei erwartet. Wie 2013, als die Präsidentschaftswahl genutzt wurde, um jüngere Kader in Schlüsselpositionen der Regierung zu berufen, wie den heutigen Ersten Vizepräsidenten Miguel Díaz-Canel, könnte der Kongress dazu dienen, den Generationswechsel in der Partei einzuleiten. Unklar ist, ob Raúl Castro, der als Präsident 2018 abtreten will, noch einmal für fünf Jahre Parteivorsitz kandidieren wird.

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