Guatemala / Politik

Weitere Verhaftungen wegen Korruption in Guatemala

Mehrere Korruptionsnetzwerke aufgedeckt. Ermittlungen gegen Unternehmer, Angestellte von Behörden, Politiker, Richter, Anwälte und Bürgermeister

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Pressekonferenz von Staatsanwaltschaft und CICIG.
Von rechts: CICIG-Direktor Iván Velásquez Gómez, Generalstaatsanwältin Thelma Aldana, Innenminister Francisco Rivas
Pressekonferenz von Staatsanwaltschaft und CICIG. Von rechts: CICIG-Direktor Iván Velásquez Gómez, Generalstaatsanwältin Thelma Aldana, Innenminister Francisco Rivas

Guatemala-Stadt. Zwölf Personen sind in Guatemala wegen des Verdachts der Bestechung, Beteiligung an einer kriminellen Organisation und Behinderung der Justiz festgenommen worden. Unter ihnen befinden sich höhere Verwaltungsangestellte der Steuerbehörde SAT, Wirtschaftsprüfer und führende Vertreter von Unternehmen.

Bei einer Pressekonferenz am Sonntag stellten die Staatsanwaltschaft und die Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) den Fall vor. Dank der Untersuchungen im Korruptionsfall "La Linea" seien weitere Verflechtungen krimineller Strukturen in der Steuerbehörde aufgedeckt worden. Den vorgetragenen Erkenntnissen zufolge sind die am vergangenen Freitag Verhafteten an einem Steuerbetrug von großem Ausmaß beteiligt gewesen. Die kriminelle Organisation sei durch zwei ehemalige Direktoren der nationalen Steuerbehörde (Sat) angeführt worden. Einer von ihnen, Omar Franco, wurde bereits im Zuge der Ermittlungen im Fall "La Linea" im April 2015 verhaftet. Die Involvierten der Behörde begünstigten die Steuerhinterziehung des Konzerns Aceros de Guatemala - einem der größten Unternehmen des Landes -  in Höhe von knapp 30 Millionen Euro.

Im April 2015 hatte die CICIG das Netzwerk "La Linea" aufgedeckt. Der von der Regierungsspitze angeführte Korruptionsring organisierte gegen Bestechungsgelder für Importeure Steuerbegünstigungen in Millionenhöhe. Nach dem Bekanntwerden kam es im ganzen Land zu massiven Demonstrationen, die den Rücktritt von Otto Pérez Molina und Vizepräsidentin Roxana Baldetti forderten und sie beschuldigten, selbst Teil des Korruptionsnetzwerks zu sein. Am 8. Mai trat Baldetti schließlich zurück und wurde im August wegen des Verdachts der Korruption verhaftet. Zugleich erhoben CICIG und Generalstaatsanwaltschaft gegen Präsident Pérez den Vorwurf, bereits seit der Zeit vor seiner Präsidentschaft Kopf des Netzwerks "La Linea" gewesen zu sein, und forderten ihn auf, zurückzutreten. Als Pérez dies ablehnte, hob das Parlament am 1. September 2015 seine Immunität auf und die Staatsanwaltschaft erließ Haftbefehl. Daraufhin erklärte der Präsident seinen Rücktritt. Seit dem 4. September 2015 befindet sich Pérez in Untersuchungsghaft. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 47 Haftbefehle im Fall "La Linea" erlassen.

Die CICIG erklärt in ihrem Jahresbericht, dass kriminelle Organisationen seit jeher die Zollbehörden für ihre Machenschaften benutzen. Schmuggel und Zollbetrug seien bedeutende Phänomene, die die Legitimität des Staates bedrohen und Steuereinnahmen erheblich vermindern. Die Komplexität des Korruptionsringes sei zunächst unterschätzt worden. Bei der Strafverfolgung im vergangenen Jahr war deutlich geworden, dass auf höchster politischer Ebene und unter Beteiligung von Funktionären des Justizsystems ein Apparat der Straflosigkeit geschaffen und parallele Machtstrukturen aufgebaut wurden.

Ein Kommentar in der Tageszeitung El Periódico nannte es erstaunlich, dass die Justiz so langsam vorankomme. Es sei doch allen bekannt, dass sogar das Finanzministerium, mit der Ernennung der Funktionäre in diesen Korruptionsfall involviert gewesen sei. Die derzeitige juristische Strafverfolgung sei vor einem Jahr noch nicht möglich gewesen, aber nun gäben die jüngsten Verhaftungen Anlass zur Hoffnung für Guatemala im Kampf gegen Straflosigkeit und Korruption.

Die guatemaltekische Justiz ist neben "La Linea" mit sieben weiteren mutmaßlichen Korruptionsnetzwerken auf höchster Regierungsebene beschäftigt. Dutzende von Personen werden der Bereicherung, des Betrugs, der Geldwäsche und der Vorteilsgewährung beschuldigt. Die Ermittlungen laufen gegen Richter, Anwälte, Kongressabgeordnete, Bürgermeister sowie Angestellte und Vorgesetzte der Gesundheitsbehörde.