Venezuela / Politik

Maduro will Konsequenzen aus Wahlniederlage in Venezuela ziehen

Oppositionsbündnis holt bei Parlamentswahl Zweidrittelmehrheit. Präsident fordert Minister auf, ihre Posten zur Verfügung zu stellen

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Das Bündnis "Tisch der Demokratischen Einheit" hat in der neuen Nationalversammlung eine Zweidrittelmehrheit (blau). In schwarz sind die indigenen Mandate dargestellt, in rot die des Regierungsbündnisses
Das Bündnis "Tisch der Demokratischen Einheit" hat in der neuen Nationalversammlung eine Zweidrittelmehrheit (blau). In schwarz sind die indigenen Mandate dargestellt, in rot die des Regierungsbündnisses

Caracas. In seinem wöchentlichen Fernsehprogramm "In Kontakt mit Maduro" hat der Präsident Venezuelas verschiedene Schritte angekündigt, um nach der Wahlschlappe am Sonntag "die Errungenschaften der Revolution" zu verteidigen. Gleichzeitig hinterfragte er jedoch, ob die Fortführung der Sozialprogramme vor dem Hintergrund der deutlichen Parlamentsmehrheit der Opposition möglich sei.

Bei den Parlamentswahlen am Wochenende hatte das oppositionelle Mitte-rechts-Bündnis "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD) eine Zweidrittelmehrheit in der Nationalversammlung gewonnen. Nach Bekanntgabe der endgültigen Ergebnisse durch den Wahlrat (CNE) am Dienstag, werden ab Anfang Januar 109 der 167 Abgeordneten vom MUD gestellt. Hinzu kommen drei indigene Vertreter, die politisch ebenfalls dem MUD zugehören. Das Regierungsbündnis "Großer Patriotischer Pol" (GPP) verlor seine deutliche Mehrheit und hat nun nur noch 55 Abgeordnete.

Das Staatsoberhaupt bezog sich in seiner Sendung ebenfalls auf die Pläne des MUD, Amnestiegesetze zu erlassen. Er werde kein solches Gesetz akzeptieren, weil die betroffenen Inhaftierten für "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" verantwortlich seien. "Die Mörder des Volkes müssen verurteilt werden und für ihre Taten bezahlen", sagte Maduro. Die Verfassung Venezuelas gibt dem Präsidenten die Möglichkeit, ein Gesetz zweimal zurückzuweisen falls ihm dieses verfassungswidrig erscheint. Die höchste Instanz ist allerdings der Oberste Gerichtshof. Erklärt er ein Gesetz für verfassungskonform, so tritt es auch ohne die Unterschrift des Präsidenten in Kraft. Ein Vetorecht des Präsidenten sieht die Verfassung nicht vor.

Maduro rief außerdem zu einem "tiefen Prozess der Revision und Selbstkritik" auf, in den er auch das Kabinett einschloss und forderte seine Minister auf, ihr Posten zur Verfügung zu stellen, "um einen Prozess der Restrukturierung, der Erneuerung und neuer Impulse in der gesamten Regierung zu ermöglichen". Er unterstrich die Notwendigkeit eines neuen Kommunikationsmodells, um die Jugend zu erreichen und gegen die "Rette sich wer kann"-Mentalität in den Institutionen anzukämpfen. "Manchmal rudert man und man rudert so stark, dass einem fast nicht auffällt, dass im selben Boot Leute sitzen, die in die entgegengesetzte Richtung rudern", kritisierte Maduro.

Ein erstes Treffen mit 980 Delegierten des GPP ist für heute anberaumt, Ende der Woche findet ein Sonderparteitag der Sozialistischen Partei (PSUV) statt. Am Samstag wird Maduro dann mit Vertretern verschiedener sozialer Bewegungen und Kommunaler Räte zusammenkommen. Diese Treffen sollten dazu dienen, die Fehler der Vergangenheit aufzudecken und Lösungen zu finden

Es werde schwer sein, beispielsweise mit dem staatlichen Programm für Wohnungsbau (Gran Misión Vivienda Venezuela) und dem Programm zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs (Misión Transporte) weiterzumachen, warnte Maduro und forderte "das gesamte Land zur Mithilfe" dabei auf. Der Präsident erinnerte an den versuchten Staatsstreich im April 2002 und sagte: "Wir brauchen den Geist vom 13. April in dieser neuen Phase der Bolivarischen Revolution." Am 13. April 2002 hatten sich knapp zwei Millionen Personen vor dem Präsidentenpalast versammelt um die Rückkehr von Hugo Chávez zu fordern. Dies bedeutete den Anfang vom Ende des am 11. April von der Rechten eingeleiteten Staatsstreichs. Auch der ehemalige Präsidentschaftskandidat der Opposition, Henrique Capriles Radonski, und der inhaftierte Chef der Partei Voluntad Popular, Leopoldo Lopéz, hatten sich an dem Putsch beteiligt.

Vor der Wahl hatte MUD-Sprecher Jesús Torrealba davon gesprochen, das Museum "Cuartel de la Montaña 4F" zu schließen, in dem der Leichnam von Ex-Präsident Hugo Chávez liegt. Als Reaktion erließ Maduro ein Dekret, durch das das Museum einer neuen "Stiftung Hugo Chávez" übergibt.

Nachdem vor wenigen Tagen Ramos Allup von der oppositionellen Partei Acción Democrática die Arbeit des Fernsehkanals der Nationalversammlung (ANTV) kritisiert hatte, versicherte Maduro, dass er ein Dekret zum Schutz der Arbeitsverhältnisse erlassen werde. Maduro ging jedoch nicht näher darauf ein, wie er verhindern könne, dass die neue Nationalversammlung dieses Gesetz später kippt. Allup hatte die Mitarbeiter des Fernsehkanals als "eine Schande" bezeichnet und den Kanal selbst als "Kloake". Er wolle ihn ändern und die Mitarbeiter austauschen.

Der Präsident der Nationalversammlung, Diosdado Cabello, verkündete unterdessen, dass das Parlament noch in diesem Jahr zwölf neue Verfassungsrichter ernennen werde. In seinem Fernsehprogramm erklärte er ebenfalls, dass die Parlamentssender ANTV und AN Radio "an die Arbeiter" übergeben würden, um sie vor dem Zugriff der neuen Parlamentsmehrheit zu sichern. "Ihr seid jetzt eure eigenen Chefs!", sagte Cabello.