Streik gegen hohe Lohnsteuern in Argentinien

Nahverkehr für 24 Stunden lahmgelegt. Proteste gegen Abgaben und Belastung durch Inflation. Debatte über Finanzierung von Sozialpolitik

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Leere Busspuren im Zentrum von Buenos Aires – für 24 Stunden ging nichts mehr
Leere Busspuren im Zentrum von Buenos Aires – für 24 Stunden ging nichts mehr

Buenos Aires. Zahlreiche Arbeiter und Angestellte haben in Argentinien am Dienstag einen Streik und Demonstrationen gegen eine Verschlechterung der Steuergerechtigkeit in dem südamerikanischen Land unterstützt. Sie folgten dem Streikaufruf dreier Gewerkschaftsverbände sowie linker Parteien und Organisationen. Öffentliche Verkehrsmittel – Busse, Bahnen und der Inlandsflugverkehr – wurden ab Mitternacht für 24 Stunden lahmgelegt. Vor allem rund um die Hauptstadt Buenos Aires, aber auch im Süden Argentiniens blockierten Streikposten zentrale Zufahrtsstraßen. In Industrieanlagen und Häfen kam es zu Ausfällen, viele Geschäfte und Banken wurden gar nicht erst geöffnet.

Die Hauptforderung der Streikenden richtete sich gegen die Lohnsteuer, die seit Jahren konstant auf Gehälter oberhalb von monatlich 15.000 Peso (umgerechnet etwa 1.560 Euro) erhoben wird. Bei jährlichen Inflationsraten von bis zu 30 Prozent würden immer mehr Menschen zur Kasse gebeten – Lohnsteigerungen entsprechend der Teuerungsraten blieben hingegen aus, kritisierten die Gewerkschaften.

Regierungsvertreter reagierten empört auf die wirkungsvolle Arbeitsniederlegung. "Es gibt viele Menschen, die sich nicht am Streik beteiligen, sondern arbeiten wollen. Nun werden sie ihrer Fortbewegungsmittel beraubt", so etwa der Chef des Kabinetts von Präsidentin Cristina Kirchner, Aníbal Fernández. "Sie können doch das Fahrrad benutzen", entgegnete der Generalsekretär der Transport-Branchengewerkschaft UTA, Roberto Fernández, ironisch. 

Obwohl der Streik 30 Tage im Voraus angekündigt worden war, hatte die Regierung jegliche Verhandlungen von vornherein abgelehnt. Von der Lohnsteuer seien nur zehn Prozent der Beschäftigten betroffen, argumentierte Wirtschaftsminister Axel Kicillof. Würde die Steuer verändert oder gar gestrichen, müssten vor allem Arme und Benachteiligte darunter leiden – zum Beispiel zeitige ein Wegfallen der Steuereinnahmen negative Auswirkungen auf das Kindergeld. 

Eine solche Alternativlosigkeit zur Finanzierung von Sozialpolitik durch die Lohnsteuer weisen Unterstützer des Streiks derweil von der Hand. In einer Streikschrift der PO (Arbeiterpartei) hieß es etwa, die Lohnsteuer sei erstens nicht die einzige Steuer, die Beschäftigte zu zahlen haben. Zweitens solle der Staat das fehlende Geld bei den Reichen suchen: "Mehr als 40 Prozent des Gehalts wird vom Staat konfisziert, während die Kapitalisten alle Arten von Subventionen und Steuerbefreiungen erhalten."

Auf Flugblättern, die Demonstranten verteilten, wurden zudem weitere Missstände angeprangert: prekäre- und Schwarzarbeit, der Verlust der Kaufkraft von Löhnen und Renten, zunehmende Entlassungen und so weiter. "Wenn es eine Umfrage gäbe, würden die Menschen mehr als 20 Gründe nennen, weshalb sie streiken wollen", kommentierte Pablo Micheli, Vorsitzender des Gewerkschaftsverbandes CTA. 

Die Gewerkschaften kündigten derweil einen 36-stündigen Streik an, sollte die Regierung nicht auf ihre Forderungen reagieren.