Paraguay / Politik

"Narco-Politiker" im Parlament von Paraguay

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Senatoren und Abgeordnete der traditionellen politischen Parteien wegen Verbindungen zum Drogenhandel

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Einige der als "Narco-Politiker" verdächtigen Senatoren und Abgeordneten
Einige der als "Narco-Politiker" verdächtigen Senatoren und Abgeordneten

Asunción. Die parlamentarische Kommission zur Bekämpfung des Drogenhandels in Paraguay hat mehreren Kongressabgeordneten des Landes Verbindungen zum organisierten Drogenhandel vorgeworfen. Kommissionsmitglied Arnaldo Giuzzio hatte die Vorwürfe vergangene Woche auf einer Sitzung des Senats öffentlich gemacht. Sie richten sich unter anderem gegen drei Abgeordnete der Colorado-Partei (ANR).

Die Kommission berief sich bei ihren Anschuldigungen auf Beweise, die von der Behörde zur Bekämpfung von Drogen (Senad) bei Ermittlungen zusammengetragen worden seien. Demnach soll der ANR-Abgeordnete der Region San Pedro, Freddy D’Ecclesiis, enge Beziehungen zur Drogenmafia im Norden des Landes unterhalten haben. Auf einem Anwesen der Familie D’Ecclesiis' hätten die Ermittler große Mengen an Kokain sichergestellt. Aufgrund von abgehörten Telefonaten zwischen D’Ecclesiis und einem Drogenhändler könne eindeutig belegt werden, dass die Rauschmittel dem Politiker gehörten.

Guizzio belastete auch die Abgeordneten Marcial Lezcano (Region Amambay) und Bernardo Villalba (Concepción). Letzterer habe immer wieder als Anwalt berüchtigter Drogenbosse gearbeitet.

Es fiel zudem der Name von Carlos Rubén Sánchez Garcete. Ihm legt die Kommission zur Last, in den Regionen Amambay und Concepción ein illegales Netzwerk aus Politikern und Kriminellen aufgebaut zu haben, um Drogengeschäfte zu verschleiern.

Um die Vorwürfe zu belegen, hat der Senat in dieser Woche eine CD-ROM mit möglichen Beweisen an die Staatsanwaltschaft übergeben. Dabei kam es nach Angaben der Tageszeitung Última Hora zu Irritationen, als der für Drogendelikte zuständige Staatsanwalt sich zunächst weigerte, den Datenträger im Parlament abzuholen – aus protokollarischen Gründen, wie es hieß. Mehrere Abgeordnete warfen der Staatsanwaltschaft daraufhin mangelndes Interesse an der Aufarbeitung der Verflechtung zwischen Politik und Drogenhandel vor, was diese umgehend zurückwies.

Der Streit macht deutlich, wie sensibel Politik und Öffentlichkeit in Paraguay derzeit auf das Thema reagieren. Im Land tobt seit Wochen eine Debatte über Stärke und Einfluss nationaler sowie internationaler Drogenbanden, in den Medien ist von "Narco-Politikern" (Narcopoliticos) die Rede. Ausgelöst worden war sie im Oktober nach dem tödlichen Anschlag auf den paraguayischen Journalisten Pablo Medina und dessen Assistentin Antonia Almada. Beide recherchierten für die Tageszeitung ABC Color hauptsächlich zum Drogenhandel. Medina war in diesem Jahr bereits der dritte Journalist, der wegen seiner Berichte über den Drogenhandel getötet wurde (amerika21 berichtete). Die Regierung geht davon aus, dass die Verantwortlichen für die Tat aus diesem Milieu kommen.