Exxon macht mobil

Ölkonzern mit Teilerfolg vor westlichen Gerichten im Streit um Förderstätten in Venezuela. Staatsanleihen brechen ein

Irving/London. Der US-Erdölkonzern Exxon Mobil bekommt im Streit mit Venezuela um die Verstaatlichung von Ölförderstätten Unterstützung von westlichen Gerichten: Ein britisches Tribunal hat angeordnet, Vermögenswerte des venezolanischen Staatskonzerns Petroleos de Venezuela (PdVSA) im Wert von zwölf Milliarden US-Dollar einzufrieren. Bei einer Klage in den USA habe der Erölriese bereits zuvor die Sperrung von 300 Millionen US-Dollar erreicht, informierte eine Sprecherin von Exxon Mobil am Donnerstag (Ortszeit). Die betroffenen Vermögenswerte liegen ersten Medienberichten zufolge in den Niederlanden und auf den niederländischen Antillen.

Im vergangenen Jahr war in Venezuela ein Gesetz verabschiedet worden, das die Eigentumsrechte an Erdölförderstätten dem Staat unterstellte. Allerdings konnten sich die venezolanische Regierung und die Konzerne Exxon Mobil sowie ConocoPhillips nicht auf neue Verträge einigen.

Nach Abbruch der Gespräche wurde eine Entschädigung von Caracas einseitig festgelegt. Weil die Summe den Firmen zu gering war, ging vor allem Exxon Mobil gerichtlich gegen die Änderungen vor. ConocoPhillips sucht weiterhin nach einer einvernehmlichen Lösung. Alle weiteren Privatkonzerne einigten sich auf eine Entschädigung und neue Verträge. Diese sehen grundsätzlich eine 60prozentige Kapitalmehrheit der PdVSA in Joint Ventures vor. Exxon Mobil und ConocoPhillips haben bereits ein Schiedsgericht der Weltbank angerufen, das die Höhe der Entschädigungen neu festlegen soll. Exxon Mobil will mit seinem aggressiven Vorgehen offenbar den Druck auf Caracas erhöhen.

Nachdem der Teilerfolg des US-Erdölgiganten bekannt wurde, verloren venezolanische Staatsanleihen am Freitag deutlich an Wert. Allerdings beeinträchtigt die Sperrung der Vermögenswerte das Tagesgeschäft von PdVSA zunächst nicht. Bis zu einer endgültigen Entscheidung kann ­PdVSA Werte in Höhe von gut zwölf Milliarden US-Dollar zunächst nur nicht veräußern, verlautete aus Wirtschaftskreisen. Allerdings könnten andere Unternehmen durch die Urteile ebenfalls zu juristischen Schritten ermutigt werden.

Hinter dem Konflikt steht der Wandel in der Handelspolitik Venezuelas: Während die Kooperation mit westlichen Unternehmen abgebaut wird, erschließt das Land neue Märkte in anderen Teilen der Welt. Neben Russland zählt dabei vor allem Iran dazu. Gelingt die Umstrukturierung, würde in Venezuela bewiesen, dass eine alternative Wirtschaftspolitik zu dem neoliberal dominierten System des Westens nicht nur theoretisch, sondern auch in der Praxis möglich ist.


Den Originaltext der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.