Auf breiten Alleen

Ecuadors Präsident in Caracas zu Gast. Gemeinsame Regionalpolitik und Sozialismus des 21. Jahrhunderts waren Themen

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Auf breiten Alleen
Die Präsidenten Correa, Chávez und Boliviens Staatschef Evo Morales

Knapp zwei Wochen, nachdem sich die ecuadorianische Regierungspartei País bei der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung durchgesetzt hat, war Präsident Rafael Correa am Donnerstag in Caracas zu Besuch. Nach einem privaten Treffen mit seinem venezolanischen Amtskollegen Hugo Chávez bekräftigte der 44jährige Staatschef die Allianz beider Staaten. Ecuador folge wie Venezuela der Idee des Generals und antikolonialen Befreiungskämpfers Simón Bolívar, sagte Correa: "Bolivarianer zu sein heißt, die Souveränität zu verteidigen, ehrlich zu sein und auf der Seite der Mehrheit zu stehen". Es hieße auch, den Sozialismus des 21. Jahrhunderts anzuerkennen und "gegen Neokolonialismus zu kämpfen".

Im Zentrum des Treffens standen die Perspektiven einer gemeinsamen Regionalpolitik. Correa bat Chávez, einen Wiedereintritt in die "Gemeinschaft Andiner Nationen" (CAN) zu prüfen. Venezuela hatte sich im April vergangenen Jahres aus dem 1969 gegründeten Staatenbündnis zurückgezogen, nachdem die beiden Mitgliedsländer Peru und Kolumbien bilaterale Freihandelsabkommen mit den USA abgeschlossen hatten. Derzeit gehören der CAN Bolivien, Ecuador, Peru und Kolumbien an. Der Bitte Correas gegenüber zeigte sich Chávez nun offen: "Wir werden das besprechen", sagte er nach dem Treffen, "vor allem, weil uns Evo (Morales, der Präsident Boliviens) und nun Rafael (Correa) darum gebeten haben". Venezuela werde jedoch nur unter der Bedingung wieder in die CAN eintrete, dass sich der Charakter der Organisation verändere, fügte Chávez an. Der Staatenbund dürfe sich nicht mehr nur auf den Handel beschränken, sondern er müsse auch die sozialen Bedürfnisse der Menschen im Auge behalten. Auch müssten soziale Bewegungen sowie indigene Organisationen in die Entscheidungsprozesse der CAN eingebunden werden.

Mit dem Besuch wurde deutlich, dass die Allianz progressiver Staaten nach der Wahl zum Verfassungskonvent in Ecuador gestärkt ist. Bei dem Urnengang am 30. September hatte Correas Partei País rund 70 Prozent der Stimmen erhalten. Das oppositionell beherrschte Parlament hat damit keinen Einfluss mehr, weil im demokratischen System des südamerikanischen Landes der verfassunggebenden Versammlung ein stärkeres Gewicht zukommt als der Legislative. Präsident Correa bezeichnete den politischen Prozess in seinem Land daher als "unumgänglich". Seine Regierung werde sich nicht mehr von der Oligarchie unter Druck setzen lassen. In der Vergangenheit hatte Correa das oppositionell dominierte Parlament wiederholt als "korrupt" und "antipatriotisch" bezeichnet.

Chávez beglückwünschte seinen Amtskollegen zu der "Bürgerrevolution". Mit dem Referendum habe sich Ecuadors Regierung gegen die "alte politische Klasse durchgesetzt" und dies zeige, dass die gesamte Region das "neoliberale Gift" ablehne, das ihr verabreicht wordens ei. Jedes Land werde für sich ein eigenes Sozialismusmodell entwickeln, so Chávez' Prognose. Ecuador trage derweil dazu bei, dass sich die breiten Alleen öffneten, von denen Salvador Allende am letzten Tag seines Lebens gesprochen hatte. Der venezolanische Präsident bezog sich damit auf eine Radioansprache des chilenischen Sozialisten, die am 11. September 1973 kurz vor dessen Ermordung noch live ausgestrahlt worden war. Darin sagte Allende: "Von neuem werden sich die breiten Alleen öffnen, auf denen der freie Mensch voranschreitet, um eine bessere Gesellschaft aufzubauen [...] Ich habe die Gewissheit, dass mein Opfer nicht vergebens sein wird."