Im Eisschrank

Chávez friert Beziehungen zu Kolumbien und Spanien ein. Entschuldigungen von Uribe und Juan Carlos I. gefordert

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Im Eisschrank
Da hatte er noch gute Laune: Juan Carlos 1973 mit den Diktatoren Franco und Stroessner (v.l.n.r.).

Venezuelas Präsident Hugo Chávez hat die Beziehungen seines Landes zu Kolumbien und dem Königreich Spanien eingefroren. Am Sonntag sagte er: »Ich erkläre vor der Welt, dass ich die Beziehungen mit Kolumbien in den Eisschrank lege, weil ich völlig das Vertrauen in jedes einzelne Mitglied der kolumbianischen Regierung verloren habe.«

Die Ankündigung erfolgte drei Tage, nachdem der kolumbianische Präsident Álvaro Uribe die Vermittlertätigkeit von Chávez bei den Verhandlungen mit der Guerilla der »Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens« (FARC) abrupt beendet hatte. Dabei war es um einen Gefangenenaustausch gegangen.

Mit Blick auf Madrid sagte der Venezolaner: »Solange der spanische König sich nicht entschuldigt, friere ich die Beziehungen mit Spanien ein.« Vor zwei Wochen hatte es auf dem 17. Iberoamerikanischen Gipfel in Santiago de Chile einen Eklat gegeben, als König Juan Carlos I. zum venezolanischen Staatsoberhaupt sagte: »Und du, warum hältst du nicht die Klappe?«

Chávez verlangt jetzt von den beiden Staatsoberhäuptern, dass sie sich bei ihm entschuldigen. Am Donnerstag hatte Uribe über seinen Pressesprecher mitteilen lassen, dass Chávez’ Vermittlerrolle beendet sei. Die Verhandlungen drehten sich um den Austausch von 500 inhaftierten FARC-Angehörigen gegen 45 Personen, die die Guerilla in ihrer Gewalt hat. Darunter befindet sich die ehemalige französisch-kolumbianische Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt. Für ihre Freilassung setzt sich auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ein. Ihn hatte Chávez gerade besucht, als Uribe ihm die Vermittlerrolle entzog. »Sie haben uns brutal ins Gesicht gespuckt, während wir mit Herz und Seele versuchten, sie auf die Straße des Friedens zu bringen«, erklärte Venezuelas Präsident am Sonntag. Uribe hatte seinen Schritt damit begründet, der Venezolaner habe entgegen entsprechender Absprachen direkt mit dem kolumbianischen Heereschef gesprochen. Dabei war es die kolumbianische Unterhändlerin Piedad Córdoba, die den General anrief und den Hörer an Chávez weiterreichte. Gegen die Senatorin hat die Justiz ihres Landes am Samstag offiziell ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats eingeleitet. Uribe trat am Sonntag vor die Presse. Er nannte seinen venezolanischen Amtskollegen einen »Brandstifter« und klagte ihn an, in Lateinamerika ein Imperium errichten zu wollen. Chávez konterte: »Ich bin wirklich und wahrhaftig davon überzeugt, dass die kolumbianische Regierung keinen Frieden will.«

Kolumbien ist neben Brasilien einer der wichtigsten Handelspartner für Venezuela. Im Moment ist noch nicht klar, wie sich Chávez’ Ankündigung auf die wirtschaftlichen Beziehungen auswirken wird. Erst vor einem Monat hatten Bogotá und Caracas den Bau einer gemeinsamen Erdgasleitung beschlossen.

Aus Madrid hieß es am Montag, die Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) prüfe noch, welche konkreten Folgen aus der Ankündigung von Chávez erwüchsen. Bisher hatte Außenminister Miguel Angel Moratinos verkündet, man sei nicht daran interessiert, den Eklat von Chile hoch kochen zu lassen. Das tat aber die spanische Presse, die das Auftreten des Königs als eine »Rettung der Ehre Spaniens« pries. Die oppositionelle Volkspartei (PP) fordert den Rücktritt von Moratinos. Zapatero hat an Ansehen in Caracas verloren, seitdem er 2004 auf Druck von Washington den Verkauf von Militärflugzeugen stoppte. Sein postfranquistischer Amtsvorgänger José María Aznar hatte 2002 den Staatsstreich gegen Chávez politisch unterstützt.


Den Originaltext in der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.