Venezuela: Ermittlungen beim Stahlriesen Sidor

Verdacht auf illegale Verkäufe von Baustahl zu überhöhten Preisen. Aktivisten der Arbeiterkontrolle forderten seit langem Transparenz

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Produktionsanlagen von Sidor
Produktionsanlagen von Sidor

Puerto Ordaz, Venezuela. Seit der Festnahme des Direktors für Vermarktung des staatlichen venezolanischen Stahlriesen Sidor, Luis Velásquez, am 9. Juni hat die Staatanwaltschaft des

südamerikanischen Landes die Ermittlungen ausgeweitet. Ausgangspunkt waren Hinweise, dass Produkte des Stahlwerkes Sidor, die aktuell große Bedeutung für die Vorhaben der Regierung im Wohnungsbau des Landes haben und deren Preise staatlich festgelegt sind, auf privaten nationalen sowie internationalen Märkten zu bis zu dreifach erhöhten Preisen verkauft worden sind.

Das PSUV-Mitglied Velásquez wurde wegen des Verdachts festgenommen, die zentrale Figur eines Netzes illegalen Handels mit Baustahl zu sein. Nach einer Information der Generalstaatsanwaltschaft wurde gegen Velásquez Haftbefehl wegen Veruntreuung, Handels mit Eisenmaterialien und der Vereinigung zur Begehung von Straftaten beantragt. Diese Handlungen werden von den Gesetzen gegen Korruption und gegen organisiertes Verbrechen sanktioniert.

Organe und Aktivisten der Arbeiterkontrolle drängen seit Jahren auf die Realisierung der völligen Transparenz aller Aspekte der Produktion in den nationalisierten Betrieben der Schwerindustrie und brachten verschiedene Anzeigen über Unregelmäßigkeiten vor. Die Aufnahme der Ermittlungen scheint ein Ergebnis dieses Drucks der Arbeiterkontrolle zu sein, die im Gebiet der Schwerindustrie im Bundesstaat Bolívar als Teil des Pilotprojekts einer sozialistischen Produktion vorgesehen ist.

Unmittelbar nach der Verhaftung von Velásquez reiste der Abgeordnete der Asamblea Nacional, Jesus Farias (PSUV), mit einer Kommission nach Ciudad Guayana, um sich über die Ermittlungen zu informieren und mit den Arbeitern zu sprechen. "Der Deckel hat sich geöffnet, es werden weitere Köpfe rollen", erklärte Farías. "Wir vertrauen sehr in die Arbeiter, in (den Arbeiterpräsidenten von Sidor) Carlos Oliveira und in die Gewerkschaft." Inzwischen wird auch bei Firmen des Zwischenhandels, wie Maploca und Hierrobeco ermittelt, die Eisenprodukte vertreiben.

Der aktuelle Fall in Ciudad Guayana ist eng verknüpft mit den massiven Konflikten um das Konzept der Arbeiterkontrolle in den nationalisierten Betrieben Venezuelas. Die Konfliktlinien verlaufen dabei bis in die nationale Regierung und die PSUV. Arbeitervertreter weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Velásquez nicht nur hohe Funktionen in weiteren Unternehmen der staatlichen Schwerindustrie zugewiesen bekommen hat. So war er Präsident von Orinoco Iron und nahm an den Übergangsverwaltungen von Briqven und von Iron Mining teil. Er gilt auch als enger Vertrauter des PSUV-Gouverneurs des Bundesstaates Bolívar, Francisco Rangel Gómez.