Protest und neue Vorwürfe gegen ThyssenKrupp

Anwohner und Fischer protestieren gegen Stahlwerk in Brasilien. Gewerkschaftsnahes Institut wirft ThyssenKrupp-Zulieferern Sklavenarbeit vor

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Demonstranten in Rio
Fürchten um ihre Gesundheit: Demonstranten in Rio

Rio de Janeiro. Bewohner des Stadtteils Santa Cruz haben am Freitag Mittag (Ortszeit) im Zentrum von Rio de Janeiro vor dem Umweltministerium gemeinsam mit Fischern der Bucht von Sepetiba gegen das umstrittene Stahlwerk CSA von ThyssenKrupp in Rio protestiert. Die Demonstranten brachten ihre medizinischen Atteste sowie den in ihren Häusern gesammelten Metallstaub des Stahlwerks mit. Unterstützt wurden die mehreren hundert Demonstranten von Studenten, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen sowie Gewerkschaftern und Mitgliedern sozialer Bewegungen. Unter den Demonstrierenden waren auch ein Landtagsabgeordneter sowie zwei Stadtverordnete von Rio.

Die Protestierenden Anwohner des Stahlwerks beklagten in einer amerika21.de vorliegenden Erklärung: "Seit CSA sich in unserer Nachbarschaft angesiedelt hat, haben wir keinen Frieden mehr. Die ersten, die leiden mussten, waren die Fischer [...]. Seit Eröffnung sind es nun auch wir Anwohner, deren Gesundheit nach und nach beschädigt wird. [...] Die Verschmutzung und der 'Staubregen' in der Region sind dauerhaft und kein Einzelfall. Vor allem nachts wird dieser 'Staubregen' intensiver".

Die Demonstranten forderten von den Behörden, dass diese die Betriebsgenehmigung für das Stahlwerk nicht erteilen, solange nicht alle sozialen Belange und Umweltauflagen rechtmäßig erfüllt seien. D‪ies betreffe sowohl die Entschädigungen für die Fischer wie auch das Recht auf saubere Luft und Wasser. Zudem verlangten sie, dass die laufende Umweltprüfung nicht durch die Firma Usiminas durchgeführt werde, da bestehende Kapitalverflechtungen zwischen den Anteilseignern von Kontrolleur und zu kontrollierendem Unternehmen eine unabhängige Untersuchung unmöglich machten.

Behördenvertreter sprachen mit den Demonstranten und sicherten ihnen zu, dass vor Erteilung der Betriebsgenehmigung eine öffentliche Anhörung im Stadtteil Santa Cruz in Anwesenheit des Umweltministers Carlos Minc abgehalten werde. Über letzteren hatte ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz bereits auf der Aktionärsversammlung im Januar verlautbart, die Firma sei in "guten und engen Gesprächen mit dem Umweltminister ".

Indessen geriet ThyssenKrupp an anderer Stelle in Brasilien unter schwere Kritik. Das auch von DGB-Organisationen unterstützte, gewerkschaftsnahe Institut Observatório Social stellte eine neue Studie über Holzkohlegewinnung in Amazonien und deren weitere Verwendung im Stahlproduktionsprozess vor. Demnach würden jedes Jahr allein im nordbrasilianischen Bundesstaat Pará geschätzte fünf Millionen Kubikmeter tropischen Regenwaldholzes für Holzkohle gerodet. Den Autoren der Studie zufolge ist ein Großteil davon illegal, es werde im großen Stil mit gefälschten Papieren operiert und bei der Holzkohleproduktion auf Sklavenarbeit zurückgegriffen. Das Institut zählt eine Reihe von internationalen Abnehmern des mittels dieser Kohle gewonnenen Gusseisens auf: neben brasilianischen und anderen multinationalen Größen findet sich auch ThyssenKrupp in dem Bericht.