Kolumbien / Ecuador

"Wir werden uns zu verteidigen wissen"

Rede des Präsidenten der Republik Ecuador, Rafael Correa, zum Angriff Kolumbiens Anfang März 2008.

Liebe Landsleute und internationale Gemeinschaft,

die kolumbianische Regierung hat, weit davon entfernt, um Entschuldigung für die heimtückische Aggression gegen unsere Souveränität zu bitten, den Mut besessen, uns zu beschuldigen, die FARC zu beschützen und von uns Erklärungen zu verlangen. Während der Präsident Uribe noch vor wenigen Stunden, als sie dachten, dass Ecuador die Beleidigung seiner Souveränität schweigend hinnehmen würde, dem ecuadorianischen Volk für sein Verständnis und seine Zusammenarbeit bei dem, was sie Kampf gegen den Terrorismus nennen, gedankt hat, versuchen sie jetzt zu sagen, dass wir mit der Guerrilla zusammengearbeitet hätten. Diese Haltung kann nur als hundsföttisch bezeichnet werden. Mehr noch, das Verteidigungsministerium Kolumbiens hat in einem anderen offiziellen Kommuniqué praktisch erklärt, dass Ecuador selbst die Schuld an dem Angriff und der Beleidigung unserer Souveränität habe, denn ihrer Ansicht nach haben wir nicht genügend ihren Kampf gegen den Terrorismus unterstützt.

Angesichts dieser erneuten Beschimpfungen und Beleidigungen habe ich heute um 14.00 Uhr den Abbruch der Beziehungen mit der kolumbianischen Regierung angeordnet, denn es ist unmöglich, Beziehungen mit einer Regierung aufrecht zu erhalten, die so plump jeden Anstand, die Wahrheit und die Souveränität befreundeter Staaten angreift.

Wir möchten ganz klar unterscheiden zwischen der Regierung des Präsidenten Uribe und dem kolumbianischen Volk, mit dem uns Bande herzlicher Brüderlichkeit verbinden. Hier haben wir etwa 300.000 Kolumbianer, die sich hier weiter zu Hause fühlen können. Alle besonnenen Kolumbianer werden verstehen, dass das, was ihre Regierung getan hat, ganz einfach nicht hinnehmbar ist. Es reicht schon, dass sie sich in unsere Lage versetzen, damit sie verstehen: Wir wurden nicht nur angegriffen, sondern auch noch eine ganze Kette von Gemeinheiten, um die Wahrheit zu verzerren.

Der Abbruch der Beziehungen ist ein Akt der Würde und der Souveränität, aber wir möchten klarstellen, dass das Land weiter seinem Weg folgt. Die Ölpipeline SOTE wurde bereits repariert, die Folgen der Überschwemmungen im Land sind weitgehend unter Kontrolle, die Instandsetzung der Straßen geht weiter, es werden sogar die Angebote für die vierte Brücke über den Fluss Babahoyo zwischen Guayaquil und Durán eröffnet. Unsere Bevölkerung kann in dem Wissen weiter ihrem täglichen Leben nachgehen, dass sie eine Regierung hat, die es verstehen wird, das Land zu verteidigen.

Heute wollen sie uns mit den FARC in Verbindung bringen, weil ihr Lager sich auf unserem Gebiet befunden hat, heute sprechen sie von angeblichen Heiligtümern auf ecuadorianischem Gebiet, während die FARC in Kolumbien selbst riesige Gebiete kontrollieren. Was für ein Zynismus. Sie wissen selbst, dass es unmöglich ist, diese Lager zu kontrollieren. Trotzdem waren die Anstrengungen enorm, die Ecuador unternommen hat: 2007 lösten wir 47 Lager der FARC auf, während zwischen 2000 und 2006 nur 13 entdeckt wurden. Das belegt die souveräne, würdige und nationalistische Politik unserer Regierung ohne Doppelmoral. Jeder Kontakt mit der Guerrilla hatte humanitäre Gründe, gemeinsam mit Ländern wie Frankreich. Fällt es nun jemandem ein, den Präsidenten Sarkozy zu beschuldigen, die FARC zu unterstützen? Es war sogar so, ich muss es Ihnen leider sagen, dass die Gespräche ziemlich fortgeschritten waren, um in Ecuador die Freilassung von zwölf Geiseln zu erreichen, unter ihnen Ingrid Betancourt. Alles wurde von den kriegerischen und autoritären Händen zerschlagen. Wir können nicht ausschließen, dass dies einer der Gründe für das Eindringen und den Angriff durch die Friedensfeinde war.

Man sollte sich auch fragen, welches Ziel die Regierung von Uribe verfolgt, wenn sie Raúl Reyes auf ecuadorianischem Gebiet beseitigt und danach Lügen erfindet, um uns mit den FARC in Verbindung zu bringen. Ist das Ziel vielleicht, eine Regierung zu destabilisieren, die es abgelehnt hat, sich am Plan Colombia zu beteiligen, und auch in Ecuador eine Marionette zu installieren?

Aber wir werden nicht in die Falle gehen, Erklärungen abzugeben, denn abgesehen davon, dass wir sie nicht nötig haben: NICHTS RECHTFERTIGT DIE AGGRESSION.

Ecuadorianer,

das Land steht nicht allein. Die übergroße Mehrheit der lateinamerikanischen Regierungen hat uns ihre uneingeschränkte Unterstützung erklärt, denn dies ist bereits ein Problem der gesamten Region. Nicht einmal in den härtesten Stunden Lateinamerikas, nicht einmal zu Zeiten der Guerrillas in Nicaragua, El Salvador, Guatemala, Peru, Brasilien, Argentinien, Uruguay usw. hat sich eine Regierung getraut, ihren Konflikt zu regionalisieren. Das ist einmalig und ganz einfach nicht hinnehmbar. Die Regierungen Lateinamerikas werden es verstehen, ihre Reihen zu schließen und diesen unheilvollen Präzedenzfall zu stoppen, den die Regierung Kolumbiens uns aufzuzwingen versucht hat und, ich wiederhole, der mit keinem Argument gerechtfertigt werden kann.

Dies ist der Moment der nationalen Einheit. Jeden möglichen Zwist werden wir an dem Tag nach der erfolgreichen Überwindung dieser neuen Prüfung lösen, vor die uns die Geschichte durch eine Regierung gestellt hat, die das Wort Ehrlichkeit nicht kennt.

Wir haben Kolumbien immer den Frieden erklärt und ihm unsere solidarische Hand gereicht. Wir sind verraten worden. Wir wissen, dass es nicht der Verrat eines Volkes, sondern nur der Verrat durch eine Regierung war.

Wir werden das Heimatland zu verteidigen wissen.


Quelle des spanischsprachigen Originals: Presidencia de la República del Ecuador.