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Brasilien 2021-2023: Über 15.000 Kinder und Jugendliche durch Gewalt gestorben

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Ana Carolina Fonseca, Unicef-Beauftragte für Gewaltschutz, stellte den Bericht vor (Screenshot)
Ana Carolina Fonseca, Unicef-Beauftragte für Gewaltschutz, stellte den Bericht vor (Screenshot)

Brasília. Ein aktueller Bericht des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (Unicef) und der Nichtregierungsorganisation Brasilianisches Forum für öffentliche Sicherheit (FBSP) veröffentlicht Zahlen über die tödliche und sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Brasilien. Demnach sind 15.101 Personen zwischen 0 und 19 Jahren im Zeitraum von 2021 und 2023 durch Gewalt gestorben.

In den drei untersuchten Jahren stachen drei Merkmale der Opfer besonders heraus. Neun von zehn Betroffenen waren männlich und im Alter zwischen 15 und 19 Jahren. 82,9 Prozent waren Schwarze und Nicht-Weiße Jugendliche. Das Risiko, dass eine Schwarze Person bis 19 Jahre tödliche Gewalt erlebt, ist laut den Untersuchungen 4,4 Mal höher als bei einer weißen gleichaltrigen Person.

Während im Jahr 2021 4.803 vorsätzliche gewaltsame Todesfälle von Kindern und Jugendlichen registriert wurden und 2022 die Zahl der Fälle auf 5.354 stieg, ging im Folgejahr die Zahl zwar leicht zurück (4.944). Im Jahr 2023 verstarben dennoch täglich 13,5 Kinder und Jugendliche durch Gewalt. Laut Einschätzung des Berichts ist die Dunkelziffer höher.

Ana Carolina Fonseca, Unicef-Beauftragte für Gewaltschutz, beurteilt das Szenario als erschreckend und die Zahlen als inakzeptabel. Der Bericht mache auf Rasismus als ein zugrunde liegendes Problem aufmerksam. "Wir sprechen über eine Bevölkerungsgruppe, die nicht auf die gleiche Weise geschützt wird wie weiße Menschen. Es gibt die Vorstellung, dass dieses Leben weniger wert ist als andere", so Fonseca.

Für die Unicef-Beauftragte muss der Rassismus bekämpft werden. Die Anweisung richtet sich auch an die Polizei, die nicht nur durch Prävention, sondern auch durch Ermittlungen, Rechenschaft sowie "Kontrolle der polizeilichen Gewaltanwendung" erfolgen müsse. Allein 2023 verstarben 18,6 Prozent der Kinder und Jugendlichen durch Polizeieinsätze. Im Vergleich zu 2021 (14 Prozent) und 2022 (17,1 Prozent) stieg diese Zahl an.

Des Weiteren registrieren Unicef und FBSP zwischen 2021 und 2023 164.199 Fälle von Vergewaltigung von Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 19 Jahren. Auch hier stieg die Zahl im Vergleich zu den Jahren davor um 35 Prozent an.

Anders als bei den Tötungsdelikten waren die meisten Opfer weiblich (87,3 Prozent). Von der Gesamtzahl der Vergewaltigungsopfer waren 52,8 Prozent Schwarze Mädchen. Der häufigste Ort des Gewaltdelikts sei das Zuhause des Opfers.

Die Mehrheit der Vergewaltiger:innen ist den Betroffenen bekannt. Je nach Altersgruppe waren es zwischen 78,4 und 85,7 Prozent, bei denen die Person dem Opfer nahestand. Haupttäter sind männliche Verwandte wie Großväter, Stiefväter, Onkel oder Bekannte.

Der Report spricht Leitlinien und Empfehlungen für sicherheitspolitische Maßnahmen aus, um gegen die Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorzugehen. Hierfür schlagen die Herausgeber:innen unter anderem die Kontrolle des Waffengebrauchs durch Zivilisten und Polizei, die Bekämpfung des strukturellen Rassismus und die Verbesserung der Systeme zur Überwachung und Erfassung von Gewaltfällen vor.

Die Untersuchung von Unicef stützt sich auf Datenerhebungen des brasilianischen Strafregisters. Analysiert wurden vorsätzliche Tötung, Femizid, Raubüberfall sowie Körperverletzung mit Todesfolge und Todesfälle infolge von Polizeieinsätzen – unabhängig davon, ob die Beamt:in im Dienst war oder nicht. Zusätzlich wurden Zahlen über sexualisierte Gewalt gesammelt.