Peru / Politik

Generalstaatsanwältin in Peru wegen Korruption abgesetzt

Benavides gilt als enge Vertraute von Präsidentin Boluarte. Nationaler Justizrat beschließt Amtsenthebung trotz Drucks des Kongresses

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Links Präsidentin Dina Boluarte, rechts daneben die abgesetzte Generalstaatsanwältin Patricia Benavides
Links Präsidentin Dina Boluarte, rechts daneben die abgesetzte Generalstaatsanwältin Patricia Benavides

Lima. Der Nationale Justizrat (JNJ) hat die Generalstaatsanwältin Patricia Benavides ihres Amtes enthoben. Der JNJ wirft ihr vor, Ermittlungen gegen ihre Schwester, die Richterin Enma Benavides, in betrügerischer Weise beeinflusst zu haben. Wegen dieser Vorwürfe war Patricia Benavides bereits im Dezember letzten Jahres für sechs Monate suspendiert worden, während gegen sie ermittelt wurde. Nun hat der JNJ einstimmig beschlossen, die hochrangige Justizbeamtin endgültig ihres Amtes zu entheben. Weitere Korruptionsvorwürfe gegen sie werden derzeit untersucht.

Patricia Benavides griff in die laufenden Ermittlungen gegen ihre Schwester ein, indem sie die gegen Enma Benavides ermittelnde Staatsanwältin Bersabeth Revilla versetzte. Enma wird vorgeworfen, 41 mutmaßliche Drogenhändler gegen Bestechungsgelder freigelassen zu haben. Um die Versetzung zu rechtfertigen, ließ Benavides von der Oberstaatsanwältin Azucena Solari einen irreführenden Bericht über Revillas geringe Produktivität erstellen. Später wurde bekannt, dass Revilla bei der Lösung von Fällen eine Produktivität von 90 Prozent hatte. Enma und Solari wurden ebenfalls vom JNJ abgesetzt.

Einen weiteren Vorwurf gegen Patricia Benavides gibt es wegen der Ernennung von Miguel Vegas Vaccaro zum kommissarischen Leiter der Abteilung der Staatsanwaltschaft, die sich mit Korruptionsdelikten von Amtsträgern befasst. Jedoch läuft auch gegen Vaccaro ein von Revilla selbst eingeleitetes Disziplinarverfahren.

Die einstimmige Entscheidung des JNJ gegen Patricia Benavides kam überraschend, da der Kongress im März zwei der sieben Mitglieder des JNJ ausgetauscht hatte. Dabei handelte es sich um die JNJ-Mitglieder, die das Disziplinarverfahren gegen die Generalstaatsanwältin geleitet hatten. Der Kongress hat außerdem versucht, die JNJ aufzulösen. Der Politikwissenschaftler Omar Coronel beschreibt seit der Amtszeit der derzeitigen Präsidentin Dina Boluarte eine immer engere Allianz zwischen Kongress, Regierung und Staatsanwaltschaft.

Boluartes und Benavides gelten als eng verbunden. Benavides wurde 2022 zur Generalstaatsanwältin ernannt, kurz bevor Boluarte vom Kongress freigesprochen wurde. Dies ebnete ihr den Weg zur Präsidentschaft, nachdem Ex-Präsident Pedro Castillo seines Amtes enthoben worden war.

Im vergangenen Dezember erhob Benavides Anklage gegen Boluarte wegen der Tötungen durch die Streitkräfte während der Proteste Ende 2022 und Anfang 2023. Doch schon damals wurde dies als Ablenkungsmanöver von ihren eigenen Korruptionsvorwürfen gewertet (amerika21 berichtete). Tatsächlich schwächte sie die Staatsanwaltschaft für Menschenrechte und verschaffte der Präsidentin, vermutlich über Boluartes Anwalt Óscar Nieves, Zugang zu den Fragen der Anklage.

Die Nähe zwischen Boluartes und Benavides zeigt sich auch in den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in drei Fällen gegen kriminelle Korruptionsnetzwerke, zwischen denen Verbindungen über die engsten Vertrauten von Boluartes und Benavides hergestellt werden können. Der ehemalige Anti-Korruptions-Staatsanwalt, José Ugaz Sánchez-Moreno, sieht darin, wie er gegenüber OjoPúblico erklärte, die Bestätigung, "dass es einen korrupten und geheimen Pakt gibt. Der Kongress, der ehemalige Generalstaatsanwalt und die Präsidentin schützen sich gegenseitig und greifen andere Behörden und Institutionen an. Es gibt ein Konzert dieser Kräfte, um die Kontrolle über das System zu erlangen".

Zwei Tage nach der Absetzung von Benavides kehrte Zoraida Ávalos in das Amt der Generalstaatsanwältin zurück. Sie war im Juni 2023 vom Kongress disqualifiziert worden, weil sie angeblich gegen die Verfassung verstoßen hatte, indem sie keine Ermittlungen gegen Castillo eingeleitet hatte. Diese Entscheidung wurde inzwischen gerichtlich aufgehoben. Der ehemalige Berater von Benavides, Jaime Villanueva, enthüllte zudem, dass Teile der Generalstaatsanwaltschaft versucht hätten, die Stimmen der Kongressabgeordneten zu mobilisieren, um die Disqualifizierung zu billigen.