US-Militär warnt vor "unerbittlichem Vormarsch" Chinas in Lateinamerika

Peking agiere auf dem Subkontinent "räuberisch" und "manipulativ". Sorge über militärischen Missbrauch von Megaprojekten

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China sei dabei, den Einfluss Washingtons in Lateinamerika zu untergraben, sagte die Viersternegeneralin
China sei dabei, den Einfluss Washingtons in Lateinamerika zu untergraben, sagte die Viersternegeneralin

Washington. Die zunehmenden Investitionen Chinas in "strategische" Infrastruktur in Lateinamerika stellt nach Ansicht des US-Militärs ein "wachsendes Risiko für die Sicherheit der USA" dar. Dies teilten die Kommandierenden General:innen der US-Süd- und Nordkommandos, Laura Richardson und Glen D. VanHerck vor dem Verteidigungsausschuss des Repräsentantenhauses (Armed Services Committee) mit.

Pekings Aktivitäten in der Region seien ein "unerbittlicher Vormarsch", um die USA als Führungsmacht dort abzulösen, so Richardson.

Die Sorge des US-Militärs gilt insbesondere Chinas Initiative der "Neuen Seidenstraße", an der sich inzwischen 21 lateinamerikanische Staaten beteiligten. Dabei gehe es um den Bau von Häfen, Autobahnen und Flughäfen bis hin zur Infrastruktur in den Bereichen Raumfahrt, Cyberspace und Telekommunikation.

Die Finanzierung eines Mega-Hafens im Wert von drei Milliarden US-Dollar, die Errichtung einer Weltraumüberwachungsstation in der Nähe der Magellanstraße und Investitionen in den Lithiumabbau in drei südamerikanischen Ländern stellen laut dem Vortrag Sicherheitsrisiken für die USA dar.

Zum Beispiel diene die Station der chinesischen Raumfahrtbehörde in Argentinien der Erforschung der Rückseite des Mondes und der Verfolgung von Satelliten. Sie könne aber auch für gezielte Angriffe genutzt werden. "Das ist ein Risiko, das wir nicht akzeptieren oder ignorieren können", sagte Richardson.

Sie zeigte sich zudem "besorgt" über den "dualen" Charakter solcher Megaprojekte, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden könnten. Militärische Einrichtungen und Missionen seien oft auf "zivile Lebensadern wie Stromnetze, Verkehrsinfrastruktur und andere kritische Infrastrukturen ausgewiesen", erklärte VanHerck. In diesem Sinne sei es notwendig, die Kontrolle über strategische Infrastrukturen und Gebiete wie den Panamakanal, die Magellanstraße und die Drakestraße zu behalten.

"Wir sollten sehr besorgt über chinesische Investitionen in der gesamten westlichen Hemisphäre sein", sagte VanHerck und wies darauf hin, dass allein in Mexiko chinesische Unternehmen wie Huawei rund 80 Prozent der Telekommunikation liefern. Diese bauen demnach bereits 3G- und 4G-Netze in 24 Ländern der Region.

Ein brasilianisches Unternehmen habe kürzlich eine Absichtserklärung mit Huawei unterzeichnet, um in einer Stadt einen Prototyp eines 5G-Netzes zu errichten. Er erinnerte daran, dass die USA seit mehreren Jahren andere Länder davor warnen, Huawei wegen seiner Verbindungen zur chinesischen Regierung zu vertrauen.

Richardson beklagte weiter, dass Chinas Handel mit Lateinamerika von 18 Milliarden US-Dollar im Jahr 2002 auf 450 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 gestiegen sei. Im Gegensatz dazu stagniere der Handel des Subkontinents mit Nordamerika. Bis 2035 soll der chinesische Handel mit Lateinamerika auf 700 Milliarden US-Dollar ansteigen. Dies entspräche dem heutigen Handelsvolumen der USA mit Lateinamerika.

Die lateinamerikanischen Volkswirtschaften liefen Gefahr, immer abhängiger von China zu werden, sagte CIA-Chef William Burns bei einer weiteren Anhörung im US-Kongress.

Der Grund für die Zusammenarbeit der lateinamerikanischen Staaten mit China sei ihre Notlage nach der Covid-19-Pandemie. Ihre politischen Führer seien "verzweifelt" wegen der schwierigen Lage ihrer Volkswirtschaften. In einer Zeit, in der diese Länder "versuchen, sich selbst aus dem Sumpf zu ziehen", stelle China Milliarden von US-Dollar für Großprojekte bereit, die "wie Investitionen aussehen, aber alle in kritische Infrastrukturen fließen".

Richardson argumentierte, dass die Volksrepublik in Lateinamerika "ihre Fähigkeit erweitert" habe, "sich Ressourcen anzueignen" und "Regierungen durch räuberische Investitionspraktiken zu manipulieren". Die Volksrepublik sei in der Lage und habe die Absicht, "ihren Autoritarismus zu fördern und Macht und Einfluss auf Kosten dieser Demokratien zu akkumulieren".

Eine Gefahr stelle auch die Ausweitung der russischen Interessen in Lateinamerika dar. Das eurasische Land habe Ende des Jahres Gespräche über eine neue "strategische" Beziehung mit Brasilien aufgenommen. Russland unterstütze weiterhin die Regierungen in Kuba, Nicaragua und Venezuela mit militärischer Ausrüstung und Ausbildung.

Die USA müssten den lateinamerikanischen Ländern, die Richardson als "unsere Verbündeten" bezeichnete, "mehr Aufmerksamkeit schenken". Sie sehen, "wie schnell wir die Ukraine mit Ausrüstung versorgen können". Daher "müssen wir in der Lage sein, nicht zwei oder drei Jahre zu brauchen, um ein Küstenpatrouillenschiff oder ein Seefernaufklärungsflugzeug" in die Region zu schicken.

Richardson berichtete auch, dass Peking bereit sei, die Kosten für die Ausbildung lateinamerikanischer Soldaten an chinesischen Militärschulen zu übernehmen. Allerdings sei die chinesische Regierung nicht in der Lage, multilaterale Militärübungen in Lateinamerika zu organisieren. Dies sei nach wie vor eine Stärke der USA, die es auszubauen gelte. "Wir müssen mit unserem Trikot dabei sein".

Generell müssten die USA "hart arbeiten", um zu verhindern, dass China den Einfluss Washingtons in der Region untergrabe, empfahl die US-Generalin.