Brasília. Brasilien ist in absoluten Zahlen weiterhin das tödlichste Land für Transgender-Personen. Laut einem Bericht der Organisation Transgender Europe (TGEU), welche Daten von Trans- und LGBTIQ+-Institutionen weltweit beobachtet, wurden 70 Prozent der Morde in Süd-und Mittelamerika begangen, davon 33 Prozent in Brasilien. Insgesamt wurden zwischen Oktober 2020 und September 2021 weltweit 375 Morde an Trans-Personen erfasst, wovon in Brasilien 125 begangen wurden.
Weltweit sind 96 Prozent der Opfer Trans-Frauen. 58 Prozent der ermordeten Trans-Personen waren Sexarbeiter:innen; das Durchschnittsalter der ermordeten Personen betrug 30 Jahre und 36 Prozent der Morde wurden auf der Straße begangen, während 24 Prozent im eigenen zu Hause getötet wurden. Diese Zahlen repräsentieren jedoch lediglich die bekannten und unter dem offiziellen Tatmotiv Transfeindlichkeit aufgeführten Fälle.
Obwohl Transphobie in Brasilien seit 2019 als Verbrechen gilt, hat sich in der Realität kaum etwas geändert. Die staatlichen Sicherheitsbehörden sowie das Justizsystem weigern sich größtenteils, das Gesetz durchzusetzen. Eine Studie über Hindernisse in der institutionellen Anerkennung des Straftatbestands führt 34 Barrieren auf, die dieser im Wege stehen. Unter anderem fehlt eine Standardisierung der staatlichen Systeme zur Registrierung von Vorfällen in den verschiedenen Bundesstaaten. Außerdem wird oft der gewählte Name der Trans-Personen nicht anerkannt, wenn sie Straftaten anzeigen, was die Diskriminierung gegen sie nur fortführt.
Sie schätzen unsere Berichterstattung?
Dann spenden Sie für amerika21 und unterstützen unsere aktuellen Beiträge über das Geschehen in Lateinamerika und der Karibik. Damit alle Inhalte von amerika21.de weiterhin für Alle kostenlos verfügbar sind.
Das Jornal Hoje des Globo-Netzwerks führte außerdem eine Recherche zu registrierten Fällen von Homo- und Transphobie in den landesweiten Polizeiwachen durch, indem es die Zahlen bei den öffentlichen Sicherheitsbehörden aller Bundesstaaten anfragte. Von 26 Staaten konnten lediglich 15 sowie der Bundesdistrikt Brasília die angefragten Statistiken bereitstellen. Zehn gaben an, dass ihre Systeme nicht in der Lage sind, diese Statistiken zu erfassen, Santa Catarina gab eine uneindeutige Antwort. Insgesamt wurden den Reporter:innen 135 Verbrechen von Homo-und Transfeindlichkeit im Zeitraum von Juni 2020 bis Juni 2021 mitgeteilt. Allerdings sind die Zahlen der Nationalen Organisation der Transvestiten und Transsexuellen (Antra), die nur die Morde an Trans-Personen erhebt, höher als alle offiziell registrierten Fälle von Homophobie in ganz Brasilien.
Das Fehlen von Daten über die Trans-Bevölkerung stellt ein großes Problem für die Gesetzgebung dar. In Brasilien sind es nicht die öffentlichen Behörden, die solche Daten erfassen, sondern zivilgesellschaftliche Organisationen wie das Brasilianische Trans-Institut für Bildung (IBTE), Antra und Rede Trans (Netzwerk Trans).