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Kuba, Grillen und die Sicherheit der USA

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"El síndrome del absurdo"
"El síndrome del absurdo"

Washington/Bogotá/Havanna. In einem Brief an US-Außenminister Antony Blinken fordert eine parteiübergreifende Gruppe von US-Senatoren sofortige Maßnahmen als Reaktion auf die ungeklärten gesundheitlichen Zwischenfälle, die einzelne Auslandsmitarbeiter ihres diplomatischen Personals in Kolumbien betreffen sollen.

Die Senatoren äußerten sich besorgt über die wachsende Zahl von Vorfällen in der ganzen Welt und bezeichneten sie als "eine erhebliche, unübersehbare Bedrohung für unsere nationale Sicherheit".

Erste Berichte über derartige gesundheitliche Zwischenfälle bei US-Personal gab es 2016 und 2017 im Umfeld der US-Botschaft in Havanna. Sie wurden von dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump und seinen Beratern umgehend als "akustische Attacken" bezeichnet, als "Havanna Syndrome" etikettiert und Kuba als Täter deklariert. Das nahm die US-Regierung zum Anlass, einen erheblichen Personalabbau in der dortigen Botschaft zu verfügen, kubanische Diplomaten aus Washington auszuweisen, Reisewarnungen gegen Kuba auszusprechen und weitere Sanktionen durchzusetzen. Damit wurden die bilateralen Beziehungen zwischen den USA zu Kuba einseitig auf ein minimales Niveau abgesenkt.

Die bisherigen Untersuchungen haben demgegenüber noch keine Klarheit über die konkreten Ursachen und Umstände jener Gesundheitsbeeinträchtigungen zutage gefördert. Dabei verweigerten die US-Behörden jegliche Kooperation mit kubanischen Experten.

Seither sind derartige Vorfälle den Berichten der USA zufolge bei mehr als 200 US-Mitarbeitern auf der ganzen Welt aufgetreten, etwa in China, Russland, Österreich, Deutschland, Vietnam und nun Kolumbien.

Hinzu kommt, dass in einem nur verzögert freigegebenen Bericht des US-Außenministeriums eher Grillen als Ursache der Symptome genannt werden, statt irgendwelche Technologien oder Waffen. Der freigegebene Bericht wurde von Forschern der unabhängigen wissenschaftlichen Beratungsgruppe "Jason" verfasst, die Ton- und Bildaufnahmen von hochfrequenten Geräuschen analysierten, die von US-Personal aufgenommen wurden.

Nach der Analyse konnte weder eine Energiequelle identifiziert werden, die die gemeldeten Symptome verursachen könnte, noch irgendwelche akustischen oder visuellen Signale. Stattdessen ordneten die Wissenschaftler das Geräusch einer Grille zu und wiesen darauf hin, dass jedoch auch andere Hypothesen für eine Erklärung möglich seien.

Vor diesem Hintergrund berichtete Newsweek, dass das US-Außenministerium die Vorfälle als "unerklärliche gesundheitliche Zwischenfälle" ("UHI" - "unexplained health incidents'') und nicht mehr als "Havanna-Syndrom" bezeichnen wird.

Inmitten wachsender Besorgnis und Kritik am Umgang mit dem "Syndrom" unterzeichnete US-Präsident Joe Biden nun mit einstimmiger Unterstützung des Kongresses das "Havanna-Gesetz", das mehr finanzielle Unterstützung und medizinische Versorgung für das von den gesundheitlichen Zwischenfällen angeblich betroffene US-Personal vorsieht.

Die Zeitung der Kommunistischen Partei Kubas, Granma, reagiert gelassen auf die angeblichen Vorgänge in Kolumbien. In einem Beitrag unter dem Titel : "Die Grillen aus Havanna fallen in Bogotá ein", heißt es, es bleibe abzuwarten, "wie diese Insekten in die kolumbianische Hauptstadt gelangt sind, oder ob es sich nur um eine weitere Maßnahme handelt, um den Namen Havanna überall dort, wo es einem in den Ohren klingelt, griffbereit zu haben."