Kolumbien: Morde an sozialen Aktivisten gehen während Corona-Krise weiter

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In Los Robles im Cauca wurde am Wochenende der Aktivist Mario Chilhueso ermordet
In Los Robles im Cauca wurde am Wochenende der Aktivist Mario Chilhueso ermordet

Bogotá. Die Zahl der Morde an sozialen Aktivisten in Kolumbien ist in den vergangenen Wochen weiter stark angestiegen. Das Institut für Studien für die Entwicklung und den Frieden (Instituto de Estudios para el Desarollo y la Paz, Indepaz) beklagte bereits zu Beginn der Woche, dass seit dem 6. März, dem Tag, an dem der erste Corona-Fall bestätigt wurde, insgesamt 14 soziale Aktivisten umgebracht wurden. Im Laufe der Woche kamen weitere Morde dazu, allein im Departamento Cauca wurden drei Vertreter von Basisorganisationen getötet. Vermutet werden hinter einigen der Fälle Dissidenten der ehemaligen Farc-Guerilla.

Die letzten Opfer waren Jesús Albeiro Riascos und Sabino Angulo Advincula, zwei junge Aktivisten aus San Juan de Micay in der Gemeinde Tambo. Beide engagierten sich für Projekte im Zusammenhang mit dem Friedensprozess und für die Substitution von Koka-Anpflanzungen. Sie hatten am 22. April an einer Versammlung der Dorfgemeinschaft teilgenommen, auf der die Sicherheitslage der Aktivisten der Region diskutiert wurde. Nach der Tat sollen sich die bewaffneten Männer weiterhin vor Ort aufgehalten und die Dorfgemeinschaft und die Familien der zwei Opfer terrorisiert haben.

Ebenfalls Mitte dieser Woche wurde in der Gemeinde Santander de Quilichao der 64-jährige Hugo de Jesús Giraldo López erschossen. Er war unter anderem Aktivist bei einer Gewerkschaft von Landarbeitern und beim Congreso de los Pueblos (Kongress der Völker). Er war außerdem Kollege und Berater von Mario Chilhueso Cruz, der bereits am vergangenen Sonntag im Bezirk Los Robles, in der Gemeinde Buenos Aires im Departamento Cauca, umgebracht wurde. Cruz war Präsident einer Vereinigung von Arbeitern und kleinen Produzenten im Agrarbereich, die sich in der Region für die Rechte der Bauern einsetzt, sowie Mitglied weiterer Basisorganisationen. Die renommierten Kolumbianische Juristenkommission (CCJ) verurteilt die Tat und fordert Schutz für die Führungspersonen und die Gemeinschaften.

Einen Tag vor dem Mord an Cruz war Teodomiro Sotelo Anacona in der Gemeinde Tambo im Departamento Cauca getötet worden. Sotelo war beim Congreso de los Pueblos und anderen Basisorganisationen aktiv und setzte sich für die Substitution von illegalen Pflanzungen ein. Wiederum einen Tag später wurde Andrés Adrelio Cancimanse Burbano aus dem Bezirk Honduras in der Gemeinde Tambo umgebracht.

Die Guerillaorganisation Nationale Befreiungsarmee (ELN) teilte in einem Kommuniqué am 19. April mit, dass die Farc-Dissidenten Jaime Martínez und Carlos Patiño für die Morde an den Aktivisten Sotelo und Cansimanse verantwortlich seien. Auch die Behörden gehen von deren Täterschaft aus.

Sowohl die zivilien Behörden wie auch das Militär räumten ein, dass die Kontrolle der Zone in den Händen der illegalen Gruppierungen liege, so Carlos Cárdenal vom unabhängigen Fernsehsender Noticias Uno. Für die Dorfgemeinschaften in diesem Gebiet ist die Situation sehr schwierig. Die Einwohner prangern Kampfhandlungen, Wohnungsplünderungen, Vertreibung der Bevölkerung sowie Drohungen und Morde an.

Für viele betroffenen Personen ist die Präsenz von mehr Soldaten keine Lösung: "Wir möchten keine Militarisierung der Zone, wir fordern im Zusammenhang mit der Umsetzung des Friedensabkommens von Havanna eine integrale Präsenz des Staates und die Einhaltung der Vereinbarungen, welche mit den sozialen Organisationen abgemacht wurden", betont Jonathan Centeno, Aktivist und Menschenrechtsverteidiger.