Venezuela / Politik

Venezuela: Fast 50.000 Wahlmaschinen bei Anschlag verbrannt

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Mehr als 500 Feuerwehrleute waren im Einsatz, um den Brand im Lager der Wahlbehörde zu löschen
Mehr als 500 Feuerwehrleute waren im Einsatz, um den Brand im Lager der Wahlbehörde zu löschen

Caracas. Eine unbekannte ultrarechte militante Gruppe hat die Verantwortung für einen Brand übernommen, der am Samstag 99 Prozent der Wahlmaschinen Venezuelas zerstört hat. In einer auf dem Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichten Videobotschaft erklärten sieben maskierte Männer, dass der Angriff Teil der "Operation Sodom" sei ‒ ein Verweis auf die biblische Geschichte, der zufolge die Stadt Sodom von Gott zerstört wurde, weil sie der "Sünde anheimgefallen" war.

Die Gruppe rechtfertigte die Brandstiftung mit dem Vorwurf, der Nationale Wahlrat (CNE) habe "die Rechte des Volkes durch Wahlbetrug verletzt". Und sie bekannte sich auch zu einer Brandstiftung in einem staatlichen Telekommunikationszentrum, das bei den Wahlen in Valencia im Bundesstaat Carabobo eingesetzt wurde. Die Ursprünge und Verbindungen der Gruppe, die sich "Venezolanische Patriotische Front" nennt, sind noch unklar. In der Videobotschaft kündigt sie weitere Aktionen gegen Regierungsanhänger und -führer an, die sie zu "militärischen Zielen" erklärte.

In einer Rede am Montag verurteilte der Präsident der verfassungsgebenden Versammlung, Diosdado Cabello, den Brand als "Terroranschlag". Oppositionsführer haben sich noch nicht dazu geäußert.

Eine andere ultrarechte Oppositionsgruppe, die "Soldados de Franelas" (T-Shirt-Soldaten), begrüßte die Aktionen der "Patriotischen Front" und betonte, sie seien "noch nicht beendet". Diese Gruppierung hatte sich für das im August 2018 verübte Drohnen-Attentat auf Präsident Nicolás Maduro verantwortlich erklärt.

Nach CNE-Angaben hat ein massiver Brand am Samstag in der Lagereinrichtung im Bezirk Filas de Mariche am Stadtrand von Caracas 49.408 elektronische Wahlmaschinen, 582 Computer, 400 elektronische Wahlzettel, 49.232 Fingerabdruck-Identifikationsgeräte und 22.434 Wechselrichtermodule zerstört. Alle diese Gerätschaften werden zwischen den Wahlen unter militärischer und ziviler Aufsicht aufbewahrt. Die 1.500 Quadratmeter große Anlage wurde vollständig zerstört. Verletzt wurde bei dem Brand niemand.

Bei einer Pressekonferenz am Sonntag sagte CNE-Präsident Tibisay Lucena, dass zwei Staatsanwälte mit den Ermittlungen beauftragt sind und dass "keine Hypothesen ausgeschlossen wurden".

Die Wahlmaschinen wurden vom multinationalen Unternehmen Smartmatic hergestellt. Der CNE beendete 2017 einen Wartungs- und Reparaturvertrag mit der Firma, nachdem diese bei den Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung im Juli 2017 "grundlose" Betrugsvorwürfe erhoben hatte. Die Wahlbehörde hat ihren Maschinenbestand seitdem weder aktualisiert noch einen neuen Fertigungsvertrag unterzeichnet. Die US-Regierung droht jedem ausländischen Unternehmen, das mit dem Wahlrat zusammenarbeitet, mit Sanktionen.

Der CNE hat seit 1998 24 Wahlen beaufsichtigt. Für 2020 sind Wahlen zur Nationalversammlung geplant, das genaue Datum steht noch nicht fest. Lucena versicherte, dass die diesjährigen Wahlen nicht beeinträchtigt werden könnten: "Wenn es kleine Gruppen gibt, die glauben, dass dies unsere verfassungsmäßig festgelegten Wahlprozesse beenden wird, dann liegen sie ganz falsch", sagte sie. "Wir haben die Kapazität, das juristische Know-how, die operative und logistische Technologie, 17 Jahre Erfahrung und das menschliche Talent, um die Wahlprozesse in Venezuela so zu garantieren, wie wir sie kennen: schnell, transparent und vertrauenswürdig", fuhr sie fort.

Venezuelas kombiniertes elektronisches und Papier-Wahlsystem wurde von unabhängigen internationalen Beobachtern als eines der sichersten und transparentesten der Welt beschrieben. Dennoch waren Diskussionen mit dem Ziel, weitere einvernehmliche Sicherungsmaßnahmen anzuwenden und die Führung des CNE zu erneuern, Teil einer Dialogagenda zwischen der Regierung und einer Reihe kleinerer Oppositionsparteien.