Argentinien: Bevölkerung in Mendoza kämpft erfolgreich um ihr Wasser

Senat nimmt umstrittene Gesetzesänderung zurück. Auch neue Regierung von Präsident Fernández will Bergbau fördern, Bevölkerung lehnt dies ab

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Der Weinbau ist das wichtigste Gut in der Provinz Mendoza am Rande der Anden. Aber nicht nur dessen Wasserversorgung wäre durch den Bergbau begünstigende Gesetze bedroht...
Der Weinbau ist das wichtigste Gut in der Provinz Mendoza am Rande der Anden. Aber nicht nur dessen Wasserversorgung wäre durch den Bergbau begünstigende Gesetze bedroht...

Mendoza. Massive Proteste in Argentiniens wichtigster Weinanbauregion Mendoza haben zu einer Rücknahme einer Gesetzesänderung geführt, welche die Bedingungen des Abbaus von Gold und Silber vereinfachen sollte. Somit wurde das ursprüngliche Wasserschutzgesetz 7722 wieder in Kraft gesetzt, das den Bergbau in Mendoza durch das Verbot der Verwendung von Zyanid und Schwefelsäure reguliert. In einem Schnellverfahren hatte die Regierung in Mendoza kurz vor Weihnachten das Gesetz 7722 außer Kraft gesetzt und durch das Gesetz 9209 ersetzt. Nun stimmte der Senat der Provinz Mendoza mit 34 Ja-Stimmen bei zwei Gegenstimmen für die Rücknahme des umstrittenen Gesetzes.

Sowohl das dort regierende rechtskonservativ-liberale Bündnis "Cambia Mendoza" als auch die zumeist links verortete peronistische "Frente de Todos" hatten zunächst mehrheitlich für das neue Gesetz 7722 gestimmt, das Investitionen im Bergbau den Weg weisen sollte. Bis dato verbot das Gesetz den Einsatz von Cyanid, Quecksilber, Schwefelsäure sowie anderen kontaminierenden Stoffen und so indirekt den wasserintensiven Bergbau in Argentiniens wichtigster Weinbauregion.

Mendoza liegt in der trockenen Steppenregion im Westen Argentiniens als eine Oase, die nur durch ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem mit dem Schmelzwasser der Andengletscher versorgt wird. Vor der Kolonialzeit hatten die Huarpes Bewässerungskanäle, sogenannte Acequias, erschaffen, deren Verlauf heutzutage neben Haushalten und Baumalleen in der Stadt auch die Rebstöcke Hunderter Weingüter versorgt. Mehr als 80 Prozent des Wassers fließt laut offiziellen Angaben in die Landwirtschaft.

Doch seit Jahren warnen Wissenschaftler vor einer zunehmenden Dürre in der Region. Die mittleren Temperaturen steigen, Eisgletscher schmelzen und frieren nicht ausreichend nach, in den Flüssen fließt weniger Wasser. Im Jahr 2019/20 sind nach Angaben der lokalen Behörde für Bewässerung (DGI) elf Prozent weniger Wasser verfügbar als noch im Vorjahr. "Seit zehn oder elf Jahren wiederholt sich das Panorama jedes Jahr", so der Vorsitzende Sergio Marinelli, "in Abhängigkeit vom Fluss, gibt es mehr oder weniger Wasser. Die Wassersituation ist heute schlechter als im letzten Jahr. Das ist die neue Normalität, der Klimawandel. Wir müssen uns darauf vorbereiten."

Der Widerstand gegen Bergbauprojekte hat in Mendoza Tradition. Vor zwölf Jahren wurde auf Druck der Bevölkerung eben jenes Wasserschutzgesetz verschärft. "Die Menschen sorgen sich um mögliche Auswirkungen auf die Wasserversorgung in dieser Provinz", sagte Lucrecia Wagner, die bereits damals an dem argentinischen Forschungsistitut Conicet zu den Protesten forschte.

Wenige Stunden nachdem die Gesetzesänderung bekannt wurde, kamen Menschen aus den umliegenden Departamentos zu Protesten bei Temperaturen über 30 Grad auf Straßen und Plätzen zusammen. Die Proteste hielten sich über die Weihnachtsfeiertage, Weinkellereien stimmten mit ein und die Weinköniginnen der Bezirke drohten mit einem Boykott der Weinfeste im März.

Nach einer Woche des Widerstands beugte sich schließlich der Gouverneur Rodolfo Suárez: "Wir wurden mit 40 Prozent der Stimmen gewählt, aber es scheint hier nun keinen sozialen Konsens zu geben". Der Kandidat der konservativ-liberalen Parlamentsmehrheit hatte sein Amt erst am 10. Dezember angetreten – zeitgleich mit der neuen nationalen Regierung unter dem links-peronistischen Alberto Fernández. Der argentinische Präsident habe ihm, so Suárez, Rückendeckung für das neue Gesetz zugesagt.

Einig scheinen sich die konservativ-liberale Opposition und die Regierungsallianz zumindest bei der Ausbeutung natürlicher Ressourcen zu sein. Zu seinem Amtsantritt senkte Präsident Fernández die Steuer auf Bergbauaktivitäten von zwölf auf acht Prozent, bezeichnete den Sektor als "vorrangig" und bezog sich dabei auch auf Gold- und Silbergebiete der Provinz Chubut in Patagonien. Auch hier regten sich inzwischen erste Proteste, da ähnliche Absichten wie in Mendoza bestehen, den Wasserschutz zu lockern.

Mit großen Ergas- und Ölförderungen erhofft sich die Mitte-links Regierung, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Argentinien verfügt Schätzungen zufolge über die weltweit zweitgrößten Vorkommen an Schiefergas. Zum neuen Jahr vermeldete das Mega-Fracking-Projekt bei Vaca Muerta im Norden Patagoniens einen Produktionsrekord. Die erste Lieferung Flüssigerdgas aus Vaca Muerta soll in wenigen Tagen zum ersten Mal Europa erreichen.